Bio-Produkte bei Lidl: Nicht nur Bioland in Bioland
Produkte könnten auch Rohware anderer Öko-Verbände enthalten, teilt Lidl mit. Laut Bioland stabilisiert die Kooperation die Preise für die Bauern.
Bioland-Präsident Jan Plagge sagte der taz, bei den Lidl-Produkten sei der Anteil anderer Verbände nicht höher als etwa bei Marken des Naturkostfachhandels. Auch die anderen Verbände würden gegenseitig Ware anerkennen. Sonst müssten etwa Molkereien die Rohmilch nach den verschiedenen Organisationen trennen, was zu aufwendig wäre.
Lidl stellt seit November einen Großteil seiner Bio-Eigenmarke auf das Siegel von Deutschlands größter Ökobauernorganisation um. Seit Januar tragen alle „BioOrganic“-Molkereiprodukte wie Käse, Milch, Butter und Joghurt in den rund 3.200 deutschen Filialen das grüne Bioland-Zeichen. Ab Mitte April will Lidl auch Wein des Anbauverbands verkaufen.
Öko-Bauern müssen auf chemisch-synthetische Pestizide verzichten und ihren Tieren Auslauf und mehr Platz im Stall bieten. Bioland hat noch strengere Regeln als der gesetzliche Öko-Standard. Derzeit ist aber dem Verband zufolge nur 3,5 Prozent der in Deutschland erzeugten Milch bio.
Lange Wartelisten
„Die Kooperation mit Lidl ist gut angelaufen. Gerade im Bereich Milch und Molkereiprodukte hat sie zu einer deutlichen Verbesserung der Marktsituation für unsere Bauern geführt“, ergänzte Plagge. „Es ist genug Ware da.“ Schließlich hätten in den vergangenen Jahren so viele Bauern auf Bioland umgestellt, dass die Bio-Molkereien sogar einen Aufnahmestopp verhängen mussten. „Schon vor der Kooperation mit Lidl kam der größte Teil der deutschen Bio-Milch von Biolandbetrieben.“ Plagge schloss aus, „dass irgendwer jetzt keine Biomilch bekommt wegen Lidl“.
Plagge wies darauf hin, dass das Angebot in Deutschland, Dänemark, Frankreich und Österreich in den vergangenen Jahren stark gewachsen sei. Die deutschen Bio-Landwirte haben 2018 laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft knapp 20 Prozent mehr Milch gemolken als im Vorjahr. „Da ist es gut für uns, dass wir mit Lidl einen großen Abnehmer haben, der auf heimische Produkte von Bioland und damit Nichtaustauschbarkeit setzt.“
Wenn man abschätzen könne, dass die Nachfrage weiter steigt, „können auch wieder neue Betriebe auf Bioland umstellen“, sagte der Bioland-Chef. Die Wartelisten der Bio-Molkereien seien lang. Umfragen zufolge wollten knapp 20 Prozent der jetzt konventionellen Betriebe zu Bio wechseln.
Plagge wollte aber keine Prognose abgeben, wie viele Bauern der Verband wegen Lidl aufnehmen kann. „Ich weiß nur, dass ein Großteil der Verbraucher sagt, sie wollten häufig oder immer Bio kaufen. Aber bisher liegt der Anteil am gesamten Lebensmittelmarkt nur bei 5,5 Prozent. Da ist also noch viel Potenzial“, sagte der Verbandschef. Bei frischer Trinkmilch betrage der Bio-Anteil knapp 20 Prozent, bei Joghurt liege er deutlich unter 10 Prozent.
Lidl verkauft Bioland-Milch sogar teils billiger als manche andere Läden Milch, die nur das gesetzliche EU-Biosiegel trägt. Entsteht dadurch Preisdruck für die Bauern? „Das können wir derzeit nicht erkennen“, antwortete Plagge. „Manche Molkereien haben ihre Erzeugerpreise erhöht, bei anderen geht der Preis auch schon mal leicht runter, was aber nicht ungewöhnlich ist und eher an den neuen Bio-Milchmengen liegt, die noch nicht im Bio-Markt untergebracht sind.“ Insgesamt zeichne sich ab, dass durch die Nachfrage von Lidl „der Erzeugerpreis weiter stabilisiert wird“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen