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Bio-Branche in DeutschlandAppetit wächst, Anbau stockt

Verbraucher haben 2013 etwa 7,2 Prozent mehr für Öko-Essen ausgegeben als im Vorjahr. Dennoch hat die Branche Probleme.

Landen immer häufiger im Einkaufswagen: Bio-Lebensmittel Bild: ap

BERLIN taz | Deutschlands Markt für Biolebensmittel wächst weiter schneller als die hiesige Ökolandwirtschaft. Die Verbraucher gaben vergangenes Jahr 7,2 Prozent mehr für Biowaren aus als 2012: insgesamt 7,55 Milliarden Euro. Dies teilte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Dienstag kurz vor der Eröffnung der weltgrößten Messe der Branche, der BioFach in Nürnberg, mit.

Der Marktanteil habe von 3,7 auf 3,9 Prozent zugelegt. Doch die Bauern hätten die Biofläche nur um ein Prozent erhöht – so wenig wie seit über 20 Jahren nicht. Das ist ein Grund, weshalb Deutschland beispielsweise 45 Prozent seines Biogemüses importiert.

Umweltschützer halten es für eine gute Nachricht, dass die Biobranche kräftig zulegt. Denn Ökobauern müssen auf chemisch-synthetische Pestizide und Dünger verzichten. So belasten sie Klima, Wasser und Artenvielfalt meist weniger als die konventionelle Konkurrenz. Zudem sehen die Ökoregeln für Tiere zum Beispiel größere Ställe und Auslauf vor.

Doch all das kostet Geld. Wegen des Verzichts auf Chemie ernten die Bauern pro Hektar oft weniger. Im Wirtschaftsjahr 2012/13 verdienten repräsentative Ökobetriebe laut dem bundeseigenen Thünen-Institut im Schnitt erstmals seit vielen Jahren weniger – sechs Prozent – als vergleichbare konventionelle. Die Kosten sind einer der Gründe, weshalb der Bioanteil an der Gesamtagrarfläche immer noch gering ist, laut BÖLW waren es 2013 nur 6,3 Prozent.

Konkurrenz durch Biogas

Für Verbandschef Felix Prinz zu Löwenstein ist dafür auch die Subventionierung von Biogas verantwortlich: „Biobauern verlieren ihre Pachtflächen an die Erzeuger von Energiemais, weil diese überproportional gefördert werden.“ Außerdem zahle der Staat Landwirten zu wenig, die auf Öko umstellen. Dass die EU-Kommission zudem erwäge, die Bioregeln zu verschärfen, könne „für viele Unternehmen existenzgefährdend sein“, warnt der Bölw. „Gleichzeitig kann das Interessierte vom Einstieg in den Ökolandbau abhalten.“

Probleme hat auch die Leitmesse der Branche, die BioFach, die am Mittwoch zum 25. Mal beginnt. Dieses Jahr bauen dort und auf der integrierten Naturkosmetikmesse Vivaness 2.235 Aussteller ihre Stände auf – sieben Prozent weniger als 2013. Das liegt vor allem an regionalen Messen, die mit der BioFach konkurrieren.

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5 Kommentare

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  • Und jährlich grüßt diese Meldung - leider! Seit Jahren wächst der Anteil an Bio-Lebensmitteln, aber die Ackerflächen weniger.

     

    Ein weiterer Aspekt, der hier gefehlt hat: Auch bei manchen Bio-Bauern kommt nix in die Kasse, weil sie mitunter abhängig von Supermärkten sind. Die brauchen Masse, Obst und Gemüse müssen unrealistische Schönheitsidealen entsprechen, es muss extrem lange lagerfähig sein und zuletzt kommt der Preisdruck. "Lebensmittelhandel ist Krieg", sagte mir mal eine Marketingverantwortliche eine Supermarktkette.

     

    Diese und andere Aspekte möchte ich an dieser Stelle mit meinem Artikel "Hinter den Kulissen der heilen Bio-Welt" ergänzen: http://www.der-freigeber.de/hinter-den-kulissen-der-heilen-bio-welt/

     

    Tipp an die Redaktion: Ich glaube Clemens Arvay (Autor "Friss oder stirb") könnte in diesem Zusammenhang ein interessanter Interviewpartner für Euch sein.

  • Ein interessanter artikel. Was wirklich interessant wäre: um wie viel ist ernten die Bio-Bauern weniger (in prozent9. bedenkt man, dass Bio-LM im Durschnitt 60 % teurer als Konventiobelle sind, dann ist der Ertag optimistisch um ca. 30 % geringer. Es würden also (um die gleiche Menge Lebensmittel zu produzieren ca. 45 % mehr Fläche gebraucht.

    Wenn also alles Bio sein sollte, müsste die gesamt nutzfläche der Welt um 50 % ausgebaut werden. Die Umweltkatastrophe durch Rodung und Erosion ist daher vorprogramiert.

    Durch den höheren Aufwand würden dann alle LM teurer.

    Bio ist also in der jetzigen Form nur etwas für die eltären Reichen (Beispiel: In Thailand wird selbstverständlich auch Bio-Reis angebaut. Da dieser nur in die "erste Welt" geht, wird durch den erhöhten Flächenbedarf der Preisdruck erhöht. Pedch für die Armen. Bio in der jetzigen Form ist schlimmer als die Deutsche Bank.

    Machbar wäre alles nur, wenn vegan gelebt wird und kein Biosprit produziert wird. dann könnte dies Sinn machen.

  • Hilfe:

    7,55 Mrd € = 3,9% Marktanteil.

    7,55/3,9*100 = 193,6 Mrd € = 100% Marktanteil (alles was in einem Jahr in Deutschland für Lebensmittel ausgegeben wurde)(inkl. Getränke?!?).

    193,6 Mrd/365 Tage/81 Mio Menschen = 6,54€ pro Person in Deutschland pro Tag für Lebensmittel im Durchschnitt.

     

    Ich bin kein Mathematiker. Ich habe das so gerechnet weil ich wissen wollte was so im Schnitt ausgegeben wird weil ich wissen wollte ob denn grundsätzlich genug Geld ausgegeben wird wie eine vollständig biologische Ernährung kosten würde. Ich denke mit 195€ im Monat pro Person lässt sich das realisieren. 195€! Wow. Also entweder gibt es zu viele Reiche die zu viel teures Essen kaufen oder zu viele die teures (nicht biologisches) Essen kaufen und dann sagen es ist zu teuer. Da ich glaube dass es viele Reiche gibt aber nicht soooo viele Reiche dass sie so viel Essen kaufen können, dass sich dass in diesen Zahlen niederschlägt sondern eher dass die Mehrheit _aller_ beschissen mit Geldern und Einkäufen umgeht.

     

    Und da ist ja noch nichtmal das Geld drin, was für Imbiss und Restaurants an Lebensmitteln ausgegeben wird - wenn das mit reingerechnet wird, erhöht sich rein theoretisch ja der Tagessatz (weil wenn ich auswärts esse, gebe ich kein Geld für Nahrungsmittel aus).

     

    So. Das ist mein wirrer Gedankengang

    • @brumm:

      Für mehr Klarheit: Die Journalistin Rozsika Farkas hat bewiesen, dass man sich mit guten und frischen Bio-Lebensmitteln sogar mit Hartz-IV ernähren kann. Es braucht dazu keine Discounter, denn die sind laut Farkas "Unsinn": http://www.brehl-backt.de/bio-fuer-den-schmalen-geldbeutel/

  • "(der) Anbau stockt" - sog. 'Energiepflanzen' sind unserer Regierung wichtiger als Nahrungsmittel.