Billigmodekette Primark in Bangladesch: Trendy und billig. Zu billig?
Die Bekleidungskette Primark ist extrem günstig. Doch der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch kratzt an ihrem Image.
BERLIN/DUBLIN taz | Egal, wo die irische Billigmodekette Primark eine neue Filiale eröffnet: Scharen modebegeisterter, meist junger Kundinnen sind ihr sicher. Doch seit am vergangenen Mittwoch in Savar, Bangladesch ein Fabrikgebäude einstürzte, muss Primark um sein gutes Image fürchten. Der Discounter hat eingeräumt, dass auch er in der Fabrik Kleidung produzieren ließ. Bei dem Einsturz kamen mindestes 373 Menschen ums Leben; deutlich mehr als 1.000 wurden – teils schwer – verletzt. Eine am Vortag ergangene behördliche Warnung war ignoriert worden.
Man sei schockiert und zutiefst traurig über diesen Zwischenfall in Savar und spreche allen Betroffenen sein Beileid aus, heißt es in einer Mitteilung auf der Website von Primark. Man habe aber seit Jahren mit verschiedenen NGOs zusammengearbeitet, um die Standards der Fabriken in Bangladesch zu überprüfen. Das Primark-Team für ethischen Handel sei nun dabei, Informationen zu sammeln.
In London demonstrierten am Samstag Mitglieder von „War on Want“ vor Primarks Vorzeigeladen in der Oxford Street. Murray Worthy, Sprecher der Organisation, sagte, man rufe nicht zu einem Boykott des Klamottendiscounters auf, weil in asiatischen Ländern dadurch möglicherweise viele Jobs verloren gehen würden. Aber man verlange von Primark, die Familien der Opfer zu entschädigen.
„Die Todesfälle in Bangladesch waren kein Zufall“, sagte Worthy. „Sie hätten verhindert werden können. Wenn Primark seine Verantwortung gegenüber diesen Arbeiterinnen ernst genommen hätte, wäre niemand gestorben.“ Primark legt großen Wert auf sein Image als Saubermann der Branche.
Miese Arbeitsbedingungen
Das Unternehmen unterstützt die Initiative „Her Project“, die Frauen in Bangladesch über Gesundheit und Ernährung aufklären will. 2006 ist Primark der „Ethical Trading Initiative“ beigetreten, in der Unternehmen, Gewerkschaften und NGOs zusammenkommen, um bessere Arbeitsbedingungen und Rechte für Arbeitnehmer in Dritte-Welt-Ländern durchzusetzen.
Im Dezember 2008 stellte die Wohltätigkeitsorganisation „War on Want“ allerdings fest, dass sich in dieser Hinsicht bei den Primark-Zulieferern in Bangladesch seit einer Untersuchung von zwei Jahren zuvor nichts getan hatte. Im selben Jahr strahlte die BBC einen mit versteckter Kamera aufgenommenen Bericht über die miserablen Arbeitsbedingungen bei indischen Primark-Zulieferfirmen aus.
Primark ist ein Tochterunternehmen des britischen Lebensmittelkonzerns Associated British Foods. Der erste Laden in der Mary Street, Dublins billiger Einkaufszeile, öffnete 1969. Vier Jahre später expandierte der Discounter nach England. Heute hat das Unternehmen weltweit 43.000 Angestellte und macht einen Jahresumsatz von rund 4 Milliarden Euro. Mehr als ein Zehntel davon ist Profit. Es hat 257 Filialen in acht europäischen Ländern, darunter 10 in Deutschland.
Der Erfolg basiert darauf, dass Primark es geschafft hat, trotz seiner Billigmode als trendig zu gelten, vor allem bei Teenagern. Als im vergangenen Juli die erste Filiale in Berlin eröffnete, spielten sich Szenen ab wie bei einem Justin-Bieber-Konzert. Stunden vor der Eröffnung warteten Hunderte Shoppingwütige vor den Türen. Als diese sich endlich öffneten, hieß es: rennen, kreischen, schnappen, eintüten. Jüngst war die Enttäuschung in Internetforen und Modeblogs groß, als Primark Anfang April die Eröffnung einer zweiten Filiale in der deutschen Hauptstadt auf Winter 2013 verschob.
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