Bilanz der Tischtennis-EM: Reif für die Wachablösung

Dimitrij Ovtcharov gewinnt den Einzelwettbewerb. Damit rundet die neue deutsche Nummer eins den historischen Erfolg des DTTB-Teams ab.

Dimitrij Ovtcharov bei seinem Finalsieg über Wladimir Samsonow. Bild: ap

Dimitrij Ovtcharov riss bereits beide Fäuste hoch. Gerade hatte er aus der Abwehr heraus einen sensationellen Angriffsball gespielt und sich mit dem 10:8 den ersten Matchball gesichert. Eine fulminante Rückhand später sprang der 25-Jährige auf die Tischtennisplatte und ließ sich für sein 11:4, 11:7, 12:10 und 11:8 über sein „Kindheits-Idol“ Wladimir Samsonow feiern.

Der Weltranglistensechste war zum ersten Mal Einzel-Europameister. „Das ist nach Olympia der größte Erfolg in meiner Karriere“, ordnete der Bronzemedaillen-Gewinner von London 2012 nach der Jubelarie seinen Durchmarsch bei der EM ein.

Ovtcharov beerbt damit nicht nur den sechsfachen EM-Einzelchampion Timo Boll, der grippegeschwächt die Titelkämpfe im österreichischen Schwechat abgesagt hatte. In der Weltrangliste könnte jetzt ebenso die Wachablösung folgen und der auch schon im Team-Wettbewerb herausragende Ovtcharov die Nummer fünf auf dem Globus überflügeln.

Höchstes Lob bekam der Spieler vom russischen Champions-League-Sieger Fakel Orenburg vom ersten deutschen Einzel-Europameister in der Geschichte (1992) gezollt: „Dimas Zeit war einfach reif. Er spielte bei der EM in einer anderen Liga“, hob Bundestrainer Jörg Roßkopf hervor. In sechs Einzelduellen gab er lediglich drei Sätze ab! „Es war klar, dass er bei diesem Turnier nur aus dem eigenen Lager gestoppt werden kann. Der einzige Spieler, der gegen Dima eine Chance hatte, war Bastian Steger“, plagten Roßkopf wie schon vor der EM wenig Zweifel am Können seiner Schützlinge – auch ohne Boll.

Nur einmal im Rückstand

Nur im Halbfinale geriet Ovtcharov gegen Steger in Rückstand. Beim 8:7 im zweiten Satz nahm der 25-Jährige deshalb früh seine Auszeit und drehte das Match. „Wenn ich den Satz hole, glaube ich, dass ich gewinne“, trauerte der Saarbrücker seiner Chance nach, den Nationalmannschaftskollegen wie schon in den Endspielen der deutschen Meisterschaften 2011 und 2012 in die Schranken zu weisen. „Dima war anfangs sehr nervös. Das war eine gute Chance, in das EM-Finale einzuziehen“, meinte Steger. Letztlich war der 32-jährige Bankdrücker im Team-Wettbewerb aber auch mit Bronze zufrieden.

Finalgegner Samsonow ließ keinen Zweifel am verdienten Titelgewinn seines Freundes und Vereinskameraden in Orenburg: „Dima hat unheimlich konzentriert gespielt, nicht nur im Finale, sondern vom ersten Turniertag an“, analysierte der 37-Jährige. Ovtcharov war überglücklich, konnte er doch bislang nur auf eine EM-Einzelmedaille (Bronze 2007) zurückblicken.

Äußerst zufrieden war man auch beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB). Durch Ovtcharovs Triumph endete die EM in Schwechat mit einem Rekordergebnis: Viermal Gold in sechs Wettbewerben hatten die Deutschen noch nie in der 55-jährigen EM-Historie gesammelt. Auch nicht acht Medaillen mit zwei weiteren silber- und bronzefarbenen Plaketten. Nur im Herren-Doppel blieb dem DTTB Edelmetall versagt – Ovtcharov verzichtete bewusst auf eine Teilnahme.

Auch die Frauen räumen ab

Bei den Frauen zeigten Sabine Winter und Petrissa Solja, dass auch ohne die gebürtigen Chinesen Potenzial beim Mannschaftseuropameister da ist. Die 21- und die 19-Jährige drehten im Endspiel ein 0:2 und schlugen wie bei der deutschen Meisterschaft Zhenqi Barthel und Shan Xiaona.

Die 30-jährige Shan musste auch im Einzel-Finale mit Silber zufrieden sein, wo sie gegen die Schwedin Li Fen mit 2:4 den Kürzeren zog. Im Halbfinale hatte sie sich gegen ihre Teamkollegin Han Ying mit 4:1 durchgesetzt, die so nach Gold mit dem Team noch Bronze erhielt. Im Viertelfinale standen übrigens außer Titelverteidigerin Viktoria Pawlowitsch (Weißrussland) nur ehemalige Chinesinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.