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Bilanz 1. MaiMehr Ruhe als Sturm

Der 1. Mai schien in Ritualen erstarrt. Flaschen, Steine und Böller treffen auf Schlagstöcke und Tränengas. Doch dieses Mal war vieles anders - vor allem war es friedlicher.

Rund 10.000 Menschen demonstrierten am Samstag friedlich gegen den Aufmarsch von rund 600 Neonazis in Prenzlauer Berg. Bild: dpa

BERLIN taz | Was waren die Sicherheitsbehörden nervös. Was haben angesichts Nazi-Aufmarsch und Revolutionärer 1. Mai-Demo an einem Tag CDU-Politiker und die Springer-Presse im Vorfeld für Panik geschürt. Und tatsächlich flogen wie jedes Jahr zur Abenddämmerung in Berlin-Kreuzberg Flaschen, Steine und Böller auf Polizisten, die ihrerseits mit Schlagstöcken und Tränengas vorgingen. Dennoch: Berlin hat einen der friedlichsten 1. Mai erlebt seit Jahren.

Das bestätigt auch die Polizei und hat einen Tag nach den vielen Demonstrationen eine insgesamt positive Bilanz gezogen. Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch sprach von einem "erfreulichem Ergebnis". Insgesamt 98 leicht verletzte Polizeibeamte habe es gegeben.

2009 waren es fast 500. Und mit 487 Festnahmen sei auch diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr gesunken, 285 davon waren Rechtsextremisten, die spontan auf der Westberliner Prachtallee Kurfürstendamm aufmarschieren wollten. Insgesamt sei die Polizei schnell und massiv gegen Gewalttäter vorgegangen, lobte Glietsch seine Einsatzkräfte. Und in der Tat hat sich die Lage gegen Mitternacht beruhigt und damit weit zügiger als in den Jahren zuvor.

Tagsüber hatten rund 10.000 Menschen friedlich gegen den Aufmarsch von rund 600 Neonazis demonstriert und deren vorgesehene Route blockiert. Die Rechtsextremisten mussten bereits nach 800 Meter wieder umkehren. Die 200 Neonazis auf dem Kurfürstendamm wurden sofort festgenommen, nachdem sie bereits bei ihrer Ankunft Menschen mit Migrationshintergrund anpöbelten.

Und auch bei der "Revolutionären 1. Mai-Demonstration" der Linken am Abend blieb es im Vergleich zum Vorjahr ruhig. In nahezu Rekordgeschwindigkeit rasten 10.000 Autonome und andere Linke durch die Szenekieze von Kreuzberg und Neukölln. Die DemonstrantInnen hielten sich weitgehend an die strengen Polizeiauflagen. Die Polizei wiederum hielt sich ihrerseits während der Demo bedeckt. Erst eine ganze Weile nachdem die Demonstration beendet war, kam es zu Würfen von Glasflaschen und Böllern, die dann an unterschiedlichen Stellen bis kurz vor Mitternacht anhielten. Bei den Kreuzberger Mai-Krawallen nahm die Polizei insgesamt 126 Personen vorübergehend fest. 14 von ihnen erhielten bisher Haftbefehl.

Zwei Vorfälle gab es jedoch, die einer näheren Betrachtung bedürfen: In einem Fall hat ein bislang noch Unbekannter einem Beamten einen stumpfen Gegenstand in den Nacken gestoßen. Der Beamte erlitt leichte Lähmungserscheinungen. In einem anderen Fall hat ein Polizist auf eine bereits am Boden liegende Demonstrantin getreten. Gegen den Beamten will die Polizeiführung ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt einleiten.

Zu Ausschreitungen ist es auch im Anschluss der Revolutionären 1. Mai-Demonstration im Hamburger Schanzenviertel gekommen. Rund 1.500 Menschen hatten zunächst friedlich demonstriert, bevor es dann zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Randalierer plünderten einen Drogeriemarkt und schlugen die Scheiben von zwei Banken ein. Mehrere Autos wurden angezündet. Aber auch in Hamburg war die Lage deutlich entspannter als auf vergleichbare Veranstaltungen im vergangenen Jahr.

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13 Kommentare

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  • T
    toddi

    Man muss ja nicht alles glauben, was auf indymedia berichtet wird, aber könnte vielleicht mal ein/e Journalist/in der TAZ mal nachfragen, was dem schwerverletzten Polizisten wirklich passiert ist?

    Auf Indymedia heißt es, der Polizist hätte beim Aussteigen aus dem Fahrzeug einen stechenden Schmerz verspürt, Untersuchungen im Krankenhaus hätten ergeben, dass es keine äußeren Verletzungen gibt, er habe lediglich einen Hexenschuss.

    Der Link:

    http://de.indymedia.org/2010/05/279837.shtml

     

    wäre doch mal interessant,oder?

    :-)

  • P
    Pansen

    Ich glaube nich dass das NAZIS waren, von denen du da erzählst.

  • J
    Jemand

    Abgesehen davon, dass hier jeder alles schreiben könnte: Gewalt geht nicht von Nazis aus, Nazis sind normale Menschen? Man muss keine 70 Jahre alt sein, um das anders zu sehen. Gewalt gegen Ausländer von Linken, von Autonomen? Na, das würd ich ja mal sehen wollen, bevor ichs glaube - sofern es mal nicht gerade Graue Wölfe und Co. sind. Und schwarz gekleidet sind die Faschos inzwischen doch sowieso auch. Macht ja auch schlank usw.

  • I
    Ich

    SOFORT FESTGENOMMEN!!!SO EIN BLÖDSINN!

    prätentiöse, berlingeile TAZ!

     

    http://de.indymedia.org/2010/05/279814.shtml

  • D
    dommemoto

    Wenn wir mal unterstellen,dass dieses Ereigniss überhaupt stattgefunden hat,dass die Helfer wirklich Nazis waren (die Unterscheidung links/rechts ist heutzutage aufgrund von Äusserlichkeiten fast nicht mehr möglich),muss man sagen: Dusel gehabt.Der Kommentar an sich scheint mir aber ein Fake zu sein.Linke, die Aktionen gegen Ausländer machen und Nazis, die im Gegenzug diesen helfen-klingt gaaaanz leicht nach einem Märchen, das außer dem Erzählendem niemand glauben kann. Aber das liegt sicher daran, dass wir ALLE, bis auf ein paar wenig "Erleuchtete", von den "Linksmedien" geblendet werdet, nicht wahr?

  • I
    Icke

    @M. Adubi:

     

    Das ist ihre Masche. Sie versuchen so harmlos wie möglich zu wirken, damit man den Eindruck bekommt, sie wären der nette Mann von nebenan, aber alles andere als gewaltätig.

     

    Gleichzeitig hetzen sie aber gegen Juden und "nicht-deutsch denkende".

     

    Es gibt da eine Seite, auf der Nazis hin und wieder Berichte veröffentlichen. Man merkt dort allein schon an der Wortwahl ("Reichshauptstadt" für Berlin), dass sie doch einen seit 60 Jahren toten Kult verehren.

    Ich hoffe es ist kein Problem, den Link zu veröffentlichen, möge die Redaktion mich bitte nicht strafen und ihn entfernen, wenn es nicht genehm ist: widerstand.info .

  • G
    gaijinette

    ARD-Videotext, 02.05.2010 | 22:53:28 Uhr

     

    # ZITAT:

    Videotext-Tafel 113

     

    Erster Mai

    Krawalle in Hamburg und Berlin / Geschäfte zum Teil zerstört 127

     

     

    Nachrichten tagesschau Seite 127

    Krawalle in Berlin und Hamburg

     

    Am Abend des 1. Mai haben sich in Berlin und Hamburg Jugendliche Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert.

     

    In beiden Städten warfen Randalierer nach Polizeiangaben mit Steinen und Flaschen auf Beamte. In Berlin wurde ein Polizist schwer verletzt.

     

    In Hamburg gab es sechs Verletzte bei Polizei und Feuerwehr; 21 Personen wurden festgenommen. Zwei Bankfilialen und mehrere Geschäfte wurden zum Teil zerstört. Laut Polizei waren die Täter nicht Linksautonome, sondern überwiegend gewaltbereite Jugendliche.

    # - ZITATENDE.

     

     

    Der Videotext der ARD ist der meistgenutzte. Das Zitat ist die zur genannten Uhrzeit dort einzige Meldung zum 1. Mai 2010 in der BRD. Danke für die so unbeschreiblich offensichtliche Manipulation.

     

    Dagegen erfreulich die Stellungnahme der Polizei. Rüttgers' Club würde in diesem Zusammenhang von einem Linksruck der Polizei reden.

     

    Nochmals: Dank an die Reporter und Redakteure der taz für Ihre Dokumentation und ihr beispielloses Engagement für den Frieden im Land (vgl. 'agents provocateurs').

     

     

    --gaijinette

  • OC
    Otto Chili

    es haette ruhig erwaehnt werden duerfen, dass der tritt gegen den kopf erfolgt ist. nicht auszudenken, wenn ein demonstrant etwas derartiges bei einem uniformierten vertreter der staatsmacht getan haette. dann haette es "versuchten mord" geheissen...

  • K
    Kommentator

    @M. Adubi

     

    Alles klar!

    Und warum gibt es dann Aussagen von angegriffenen Schwarzen auf der Sponti der Nazis?

    Weil die Nazis ja soooo friedlich sind.

  • MA
    M. Adubi

    so ein müll was hier geschrieben wird. Ich bin selber ausländer und lebe mit meine famile in deutschland. als die nazis den kuhdamm herunter gelaufen sind wurde meine frau und ich von 2 polizisten auf die straße geschupst. 2 von den nazis halfen uns auf und fragten ob wir verletzt sind. gewalt geht nicht von denen aus das sind normale menschen. viele von diesen linken schwarz gekleideten machen gewalt gegen uns aber nicht diese nazis. ich mag keine nazis aber kann nichts schlechtes zu denen sagen

  • R
    Roemer

    hinweis:

    bei der vermeintlichen demonstrantIN handelt es sich definitiv um einen mann.

    ich habe die szene und die anschließende versorgung des mannes beobachtet.

    bleibt zu hoffen, dass der treter aus der anonymität seiner uniform geholt und zur verantwortung gezogen wird.

  • S
    someone

    Nicht Randalierer plünderten einen Supermarkt, prügelten und schossen auf Polizisten, legten Brände, sondern: Linke, Menschen mit Migrationshintergrund und Antifas. Eben der ganz normale Bodensatz, den ich mit meiner Steuerkohle subventioniere, und von deren Agitproporgan TAZ ich mir dann Multikulti- und Umverteilungstipps anhören darf, ...falls ich danach fragen würde.

     

    Tue ich aber nicht und bin zuversichtlich, dass Ihr - ja jetzt schon gesellschaftlich auf dem Abstellgleis - in 5-10 Jahren soweit von der Bildfläche verschwunden seid, dass wir Euch linke Ulknudeln als besonders obskure Zeiterscheinung bald ausgestopft im Museum begrinsen können.

  • I
    icke

    Bei den Naziblockaden in Pankow und P-Berg ging gestern noch die Nachricht rum, dass die Polizei mit Hunden ohne Maulkorb unterwegs gewesen sei. Dabei soll eine Frau von einem Hund ins Gesicht (!) gebissen worden sein und ein Mann in die Schulter.

    Was ist damit? Warum taucht das in den Nachrichten nicht auf?