: Big Brother Schily
Gegen Sicherheitspaket von Bund und Ländern regt sich Widerstand von Datenschützern und Menschenrechtlern
BERLIN taz ■ Datenschützer, Juristen und Menschenrechtler haben die angekündigten Gesetzesänderungen zur Terrorbekämpfung kritisiert. Auch der CDU-Politiker Peter Müller bezweifelte, dass die Maßnahmen wirksam sind.
„Es ist falsch, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass dieses furchtbare Attentat durch weiterreichende rechtliche Befugnisse hätte vermieden werden können“, kritisierte der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob. Innenminister Otto Schily (SPD) hatte gesagt, man habe beim Datenschutz „übertrieben“ und eine Lockerung der Bestimmungen angekündigt. „Nicht der Datenschutz ist übertrieben, sondern die Terrorismushysterie“, hielt der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert dagegen. Eine Überwachung der Bevölkerung helfe nicht gegen Täter, die sich unauffällig verhalten. Richterbund-Chef Geert Mackenroth forderte die Politiker zur Mäßigung auf: „Wer am lautesten ruft, hat Recht – das kann so nicht gehen.“
Pro Asyl und die Flüchtlingsräte erklärten gestern, es sei „geradezu zynisch“, die Anschläge in den USA für eine Verschärfung des Ausländerrechts zu instrumentalisieren. Mit Regelanfragen beim Verfassungsschutz und generellem Datenabgleich werde jeder Einwanderer zum potenziellen Terroristen und Sicherheitsrisiko erklärt, befürchten die Menschenrechtler. Auch der saarländische Regierungschef Peter Müller lehnte Regelanfragen beim Verfassungsschutz ab. Über jemanden, der neu ins Land komme, könnten noch gar keine Erkenntnisse vorliegen.
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie in Köln kritisierte, dass Bund und Länder „die Gelegenheit nutzen“, um „weitere restriktiv präventive Tatsachen scheinrechtsstaatlich zu schaffen“. Die Humanistische Union verurteilte die „Aufrüstung der Sicherheitsapparate“.
Ganz andere Sorgen hat die Gewerkschaft der Polizei. Ihr Chef Konrad Freiberg klagte, der Polizei drohe die Arbeit über den Kopf zu wachsen. Angesichts der verschärften Sicherheitslage würden zusätzlich mehrere zehntausend Beamte benötigt.
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