Beziehungen Deutschland und Marokko: Rabat geht auf Konfrontation
Offiziell ist es nicht, aber Marokko will offenbar die Beziehungen zu Deutschland abbrechen. Hintergrund ist der Streit über die Westsahara.

Als Grund nennt Bourita in dem halbseitigen Schreiben „tiefe Missverständnisse in grundlegenden Fragen des Königreichs Marokko“. Das Schreiben wurde zuerst auf sozialen Netzwerken geleakt, um dann von der Presse aufgegriffen zu werden. Eine offizielle Stellungnahme aus Rabat gab es bis Dienstagnachmittag nicht. Ob es eine entsprechende diplomatische Note an die deutsche Botschaft oder direkt an das Auswärtige Amt in Berlin gab, war nicht bekannt. „Wir haben die Medienberichte zur Kenntnis genommen“, erklärte das Auswärtigen Amt am Dienstag gegenüber der taz lediglich.
Eigentlich unterhält Marokko gute politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland. Doch spätestens seit Dezember ist Rabat über die deutsche Außenpolitik empört. Damals erkannte der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Hoheit Marokkos über die Westsahara an. Für die Vereinten Nationen ist die militärische Annexion der ehemaligen spanischen Kolonie durch Marokko 1975 völkerrechtswidrig. Berlin kritisierte deshalb die Trump-Linie.
Wenige Wochen vor Trumps Erklärung hatte die Unabhängigkeitsbewegung in der Westsahara, die Polisario, den seit 1990 gültigen Waffenstillstand gekündigt und greift seither regelmäßig marokkanische Stellungen an. Die Polisario verlangt, dass endlich das 1990 ausgehandelte Referendum über die Zukunft der Westsahara abgehalten wird.
Schritt kommt nicht überraschend
Aus dem Umfeld der deutschen Stiftungen vor Ort hieß es am Dienstag über Bouritas Schreiben: „Eine solche Anordnung des Außenministeriums muss auf eine Initiative von ganz oben zurückgehen.“ Unter anderem sind die Parteistiftungen der SPD, FDP, CDU und der Grünen in dem nordafrikanischen Land vertreten.
Dass sie jetzt unter der diplomatischen Strategie von König Mohammed VI. leiden, kommt nicht wirklich überraschend. „Die Stiftungen, die viel zu Menschen- und Bürgerrechten arbeiten, stehen seit Jahren unter Druck“, erklärt der Kenner der Szene. Die Anträge von Mitarbeitern auf Aufenthaltsgenehmigungen würden gezielt verschleppt, Steuerprüfungen würden als Repressalien genutzt, Veranstaltungen immer wieder abgesagt.
Bereits 2019 war es zu Verstimmungen zwischen Rabat und Berlin gekommen. Damals wurde Marokko nicht zu einer Konferenz über die Zukunft Libyens geladen. König Mohammed VI. sieht sein Land als Regionalmacht, die ein Mitspracherecht habe.
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