Bewegungsdaten von Handy-Nutzern: Datensammeltage in Spanien
Das spanische Statistikinstitut kauft Daten aller Mobiltelefone von mehreren Tagen. So will es sehen, wo sich die Bevölkerung aufhält.
Die Daten kauft das Institut für eine halbe Million Euro bei den drei größten Mobilfunkgesellschaften – der einst staatlichen Movistar, Vodafone und Orange. Das INE teilt Spanien für das Tracking in 3.200 Zellen auf, in denen jeweils 5.000 Handys gemeldet sind. Das Bewegungsprofil wird an vier Werktagen seit Montag, 18. November, erstellt sowie am Sonntag, 24. November, am ersten Weihnachtsfeiertag und an zwei Tagen in den Sommerferien kommenden Jahres.
Ziel ist es, herauszufinden, wie die Verkehrsströme im Land verlaufen, welche Verkehrsmittel die Menschen benutzen, wo sie leben, ihren Arbeitstag, ihre Freizeit und Ferien verbringen. „Die Betreiberfirmen liefern keine personenbezogen Daten über einzelne Telefone oder ihre Benutzer“, versucht das INE die aufgeschreckte Bevölkerung zu beruhigen. Alles verlaufe im Rahmen des Datenschutzgesetzes.
Die Verbraucherverbände sind sich da nicht ganz so sicher. Zwar sei die derartige Verwendung von Daten zu statistischen Zwecken „grundsätzlich nicht illegal, auch wenn das ohne Einwilligung geschieht“, erklärt Ileana Izverniceanu, Sprecherin der Verbraucherschutzorganisation OCU. Um aber sicher zu sein, ob wirklich alles anonym verläuft, „wäre es notwendig, den Vertrag zwischen dem INE und den Betreibern genauer zu untersuchen“.
Verbraucherschützer untersuchen
Ruben Sánchez, Chef der Verbraucherschutzorganisation FACUA, bestätigt, dass seine Rechtsabteilung den Fall untersuche. Auch die staatliche Datenschutzagentur hat das INE laut einer Mitteilung „um Informationen über die Verlaufsprotokolle gebeten“. Ob die Studie ausgesetzt werden könne, darüber schweigt sich die Institution aber aus.
Genau das verlangt Juraprofessor und Spezialist für Cybersicherheit an der Universität im südspanischen Granada, Javier Valls. „Das INE kann unseren Handys nicht folgen, solange nicht ganz genau klar ist, welchem Zweck dies dient“, sagt er. „Sie können nicht damit argumentieren, dass sie unsere Daten sammeln dürfen, weil sie anonym seien. Denn das sind sie nicht.“ Schließlich sei genau nachzuvollziehen, aus welcher Wohnung die Handys kommen und wohin sie sich bewegen. Damit könne das entsprechende Telefon zugeordnet werden.
Zwei der drei Handybetreiber haben mittlerweile auf den Unmut vieler Konsumenten reagiert. Vodafone bietet Benutzern die Möglichkeit, ihre Nummer per Kunden-App vom Tracking auszuschließen. Orange bietet einen ähnlichen Service auf seiner Homepage an. Wer beim größten Anbieter Movistar nachfragt, bekommt widersprüchliche Auskünfte. Doch spanischen Zeitungen erklärte das Unternehmen, es sei nicht vorgesehen, dass Kunden sich dem Tracking verweigern können. Die Daten seien sicher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken