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Bettina Gaus über de Maizière, Abschiebungen und deutsche ÄrzteZeit für den Abgang

Bundesinnenminister Thomas de Maizière muss zurücktreten. Es ist wahr: In einer – sogenannten – Großen Koalition und dem komplizierten Machtgeflecht innerhalb eines solchen Bündnisses ist es besonders schwierig, jemanden zu entmachten. Regionale Rücksichten, parteiliche Rücksichten, Flügelkämpfe. Alles klar, alles verständlich.

Der Minister verkündete Zahlen, die ungeprüft – ach was, nicht einmal ungeprüft: die schlicht erfunden waren. Und machte damit Stimmung gegen Flüchtlinge und gegen eine Berufsgruppe. Nämlich gegen Ärzte, denen er – nicht ausdrücklich, aber dennoch unmissverständlich – unterstellte, sie verhinderten mit Gefälligkeitsattesten die Abschiebung von Menschen, die in Deutschland kein Bleiberecht haben.

Gut möglich, dass solchen Ärzten, sollte es sie denn geben, eines fernen Tages ein Denkmal für humanitäre Verdienste gesetzt wird. Aber bisher steht nicht einmal fest, dass es solche Ärzte tatsächlich gibt. Denn die vom Minister zitierten Statistiken existieren nicht.

Es ist für die politische Bewertung dieses Vorgangs gleichgültig, ob ihm die falschen Tatsachenbehauptungen als Tischvorlage geliefert wurden oder ob er persönlich gefälscht hat. Falls ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin eigenmächtig vor sich hin fantasiert hat, dann ist das aufschlussreich genug im Hinblick darauf, was die Leitung des Hauses als Botschaft wünschte. Das genügt, um den Rücktritt von Thomas de Maizière für zwingend zu halten.

Es gäbe übrigens auch noch andere Argumente für diese Forderung: seine offenkundige Überforderung als Zuständiger für die Flüchtlingsfrage. Sein seltsamer Plan, kurzfristig ausgebildete „Hilfssheriffs“ auf die Bevölkerung loszulassen, um damit Defizite bei der regulären Polizei auszugleichen. Aber über all das könnte man ja streiten. Über gefälschte Statistiken kann man nicht streiten. Die sind unverzeihlich.

Der Tag

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