Betriebsratswahlen bei Enercon: Sieg gegen Windmühlen
Bei Enercon, dem größten Windkraftanlagenhersteller des Landes, haben Betriebsratswahlen begonnen – wenigstens für einen Teil der Belegschaft.
BERLIN taz | Ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Mitbestimmung für die Arbeitnehmer: Ein Teil der Belegschaft, die Techniker und Monteure der Servicesparte von Enercon, des größten Windkraftanlagenherstellers in Deutschland, haben am Montag mit der Wahl eines Betriebsrats begonnen. Das Unternehmen mit etwa 13.000 Mitarbeitern weltweit war in der Vergangenheit für seine betriebsratsfeindliche Haltung in die Kritik geraten.
So wurde zwei Beschäftigten gekündigt, die 2004 Betriebsratswahlen vorbereitet hatten. Dass die Kündigungen in direktem Zusammenhang mit dem Engagement der Angestellten standen, bestätigte das Unternehmen damals allerdings nicht.
„Es gab immer wieder Ansätze, Betriebsräte bei Enercon zu gründen. Das Ganze läuft sehr konstruktiv ab", berichtet Evelyn Gerdes von der Gewerkschaft IG Metall. Die Firma mit Hauptsitz in Aurich in Norddeutschland ist in viele einzelne GmbHs aufgesplittet. Daher muss in jeder Sparte ein eigener Betriebsrat aufgestellt werden. Im Hauptwerk gibt es bereits Mitarbeitervertretungen.
Am Montag waren an neun Standorten etwa 3.000 Mitarbeiter zur Wahl aufgerufen. Sie wählten pro Standort drei Mitarbeiter als Wahlvorstand, der dann die Wahl organisiert. Dann muss der Vorstand in 14 Tagen Kandidaten aufstellen. Normalerweise sind sechs Wochen für Betriebsratswahlen vorgesehen. „Der ganze Prozess kann sich bis zu neun Wochen hinziehen“, berichtet Gerdes.
Mitarbeiter von Enercon hatten sich vor einigen Monaten an die Gewerkschaft gewandt. In der noch relativ jungen Windenergiebranche hatten sich in der Vergangenheit immer mehr Betriebsräte gegründet. Zuletzt hatte das Unternehmen Repower in Schleswig-Holstein im März dieses Jahres nach einem mehrere Monate dauernden Arbeitskampf mit seinen Beschäftigten einen Tarifvertrag ausgehandelt. Dort gelten nun die Tarife der Metall- und Elektroenergie.
Keine einheitliche Tarifstruktur
In der Windenergie gibt es keinen Arbeitgeberverband. Häufig handeln die einzelnden Unternehmen selbst mit ihren Mitarbeitern sogenannte Haustarife aus. Auf lange Sicht will die IG Metall auch für die Windbranche einen Arbeitgeberverband und damit eine einheitliche Verhandlungsebene durchsetzen. „Gute Arbeit muss bedeuten, dass man gut entlohnt wird“, meint Evelyn Gerdes.
Die Mitarbeiter erhielten im Vorfeld eine breite Unterstützung aus Politik und anderen Mitarbeitervertretungen aus der Energiebranche. „Es ist ein guter Tag für die Energiewende“, sagte der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler. „Die Mitarbeiter haben viel Lust auf Demokratie und Mitbestimmung.“ Er sprach sich für eine einheitliche Tarifregelung in der Windenergiebranche aus.
Die Geschäftsführung von Enercon äußerte sich am Montag nicht zum Start der Betriebsratswahlen. Auch der Bundesverband der Windenergie wollte sich nicht äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies