Besetzung der grünen Parteizentrale: Flüchtlinge fordern Unterstützung
Mit der Besetzung protestieren Flüchtlinge und UnterstützerInnen gegen die geplante Asylrechtsreform.
Etwa 50 Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen haben am Mittwochvormittag vorübergehend die Bundeszentrale der Grünen in Mitte besetzt. Die BesetzerInnen betraten gegen halb elf die Bundesgeschäftsstelle der Partei und hängten ein Transparent mit der Aufschrift „Solidarität statt Abschottung“ an einem Balkon des Gebäudes auf. Auf Flugblättern forderten sie die Grünen-VertreterInnen der Länder auf, gegen die von der Bundesregierung geplante Asylrechtsreform zu stimmen.
Anlass der Aktion ist die für Freitag geplante Abstimmung über eine Änderung des Asylrechts im Bundesrat. CDU und SPD planen mit der Novelle des Gesetzes, Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen. Asylanträge aus diesen Ländern könnten so schneller als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden. Der Bundestag hatte das umstrittene Gesetz bereits Anfang Juli beschlossen, nun muss noch der Bundesrat zustimmen.
Schlüsselrolle bei Grünen
Den Grünen kommt bei der Abstimmung eine Schlüsselrolle zu: SPD und CDU benötigen die Zustimmung von mindestens einem der sieben Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung.
Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, erklärte am Mittwoch gegenüber den BesetzerInnen: „Wir sind ein offenes Haus, wir wollen Ihnen zuhören.“ Auf einer Pressekonferenz in der Parteizentrale forderten die AktivistInnen neben einem Nein der Grünen zum neuen Asylgesetz einen Abschiebestopp, die Aufhebung der Residenzpflicht und ein Ende der Unterbringung in Sammelunterkünften. „Das Gesetz ist die faktische Abschaffung des Asylrechts für Menschen aus diesen Ländern“, erklärte eine Aktivistin. Insbesondere den Roma in den betreffenden Ländern würde die Möglichkeit genommen, rassistischer Verfolgung in ihren Herkunftsländern zu entkommen, sagte sie.
Im Anschluss an die Pressekonferenz erklärte sich Peter zu einem Gespräch mit den AktivistInnen bereit. „Wir wollen eine Abschaffung der Residenzpflicht und des Asylbewerberleistungsgesetzes, damit die Leute ihren Lebensunterhalt selber verdienen können“, so Peter. Sie sprach sich für eine Ablehnung des Gesetzentwurfs im Bundesrat aus.
Von den Flüchtlingen und UnterstützerInnen hatten einige in den vergangenen Monaten auch an den Protestaktionen auf dem Oranienplatz und der St.-Thomas-Kirche teilgenommen. Ein Sprecher der Flüchtlinge zeigte sich skeptisch: „Wir sind es müde, Ihre Lügen anzuhören“, sagte er der Grünen-Chefin.
Nach zwei Stunden verließen die BesetzerInnen die Grünen-Geschäftsstelle freiwillig. Für Freitag ist eine Kundgebung vor dem Bundesrat geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands