Berlins schwarz-roter Senat: Wieder Rauswurf im Hause Spranger
Die SPD-Innensenatorin will ihre Staatssekretärin für Sport, Böcker-Giannini, entlassen. Angeblich hat sie schon Hausverbot. Die nimmt das nicht hin.

Böcker-Nannini, zuvor drei Jahre lang SPD-Abgeordnete im Berliner Landesparlament, hatte ihren Job in der Innenverwaltung nach der Wahl 2021 übernommen und blieb auch in der Ende April gebildeten neuen schwarz-roten Koalition im Amt. Sie, die an der Deutschen Sporthochschule studierte und in Heilpädagogik promovierte, galt als aus ausgewiesene Expertin für ihren Bereich. Persönlich aber soll es zunehmend zwischen ihr und Spranger nicht gepasst haben. In der SPD heißt es, man habe beiden zugeredet, das Verhältnis zu kitten oder gesichtswahrend auseinanderzugehen – was nun gerade nicht funktioniert hat. Letztlicher Anlass für die Trennung soll die Finanzierung der Fußballeuropameisterschaft 2024 in Berlin sein, wo angeblich zu wenig Geld eingeplant war.
Dass eine von Entlassung bedrohte Führungskraft sich anwaltlich beraten und vertreten lässt, ist dabei nicht ungewöhnlich. Bislang unerhört in der Berliner Landespolitik ist aber, die Sache auf diesem Wege öffentlich kritisieren zu lassen. Zudem war ihr Anwalt, Ralf Kleindiek, bis vor rund fünf Monaten selbst noch für Digitalisierung zuständiger Staatssekretär in Sprangers Senatsverwaltung. Er verlor diesen Job aber nicht nach einem Rauswurf durch sie, sondern weil die nun CDU-geführte Senatskanzlei von Kai Wegner seinen Bereich übernahm.
Die Trennung droht dabei zu einem politischen Rosenkrieg zu werden. Kleindiek wird vom RBB so zitiert: „Meine Mandantin wird es nicht hinnehmen, dass ihre persönliche und berufliche Integrität durch das Vorgehen von Frau Innensenatorin Spranger beeinträchtigt wird.“ Die Innenverwaltung wiederum spricht der taz gegenüber von „haltlosen Anwürfen“, will sich aber nicht weiter äußern und auch eine Entlassung nicht bestätigen. „Auch wenn es zulasten der Senatsverwaltung geht, bedeutet ein verantwortungsbewusster Umgang, dass wir auch weiterhin den Persönlichkeitsrechten von Frau Dr. Böcker-Giannini den Vorrang einräumen“, hieß es am Dienstag von Sprangers Sprecherin Sabine Beikler.
Gespräch mit der SPD-Spitze
Die Berliner SPD-Doppelspitze, Raed Saleh und Franziska Giffey, hat sich bislang nicht offiziell zu der Sache geäußert. Aus der Parteiführung drängt man aber auf einen respektvollen Umgang mit der Staatssekretärin. Zu hören ist auch, dass es zügig ein Gespräch von Saleh und Giffey mit Spranger geben soll. Die SPD-Spitze gibt der Senatorin zudem vor, dass auf Böcker-Giannini auf jeden Fall wieder eine Frau folgen soll.
Anwalt Kleindiek zieht Berichten zufolge Sprangers Befugnis in Zweifel, seine Mandatin überhaupt entlassen zu können, und weist das der Senatskanzlei zu. Dort ist man darüber erstaunt. „Der Sachverhalt liegt im Verantwortungs- und Regelungsbereich der Innenverwaltung“, sagte Senatssprecherin Christine Richter der taz.
Rein formell ist es so, dass ein Senatsmitglied, das sich von einer Staatssekretärin trennen will, dazu eine Vorlage für die Senatssitzung einreicht, über die die Landesregierung dann entscheidet. Es ist aber kein einziger Fall bekannt, in dem der Senat einem solchen Entlassungsantrag nicht gefolgt wäre. Am Dienstagmittag lag in der Senatskanzlei laut Sprecherin Richter ein solches Schreiben noch nicht vor.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig