Berlins Haushaltsmisere: Auftritt des Senats-Erziehers
Finanzsenator Evers (CDU) philosophiert über den Haushaltsentwurf, den der Senat im Juli beschließen will.

Es ist beim VBKI, dem Verein Berliner Kaufleute und Industrieller, wo sich Stefan Evers, der besagte Senator der CDU, das überlegen muss. Mittwochfrüh ist er bei dem Verein, der sich offiziell auf keine Partei festlegt, dessen Präsident aber an diesem Morgen eine laut jüngster Umfrage ab 2026 mögliche rot-rot-grüne Landesregierung unter Führung der Linkspartei „ein Horrorszenario“ nennt.
Gut sechs Monate liegt an diesem Vormittag der Haushaltsbeschluss zurück, in dem CDU und SPD im Abgeordnetenhaus Milliarden kürzten. Mutmaßlich am 15. Juli wird der Senat den Entwurf für 2026 und 2027 beschließen, ab dem 8. September wird das Parlament darüber beraten – und absehbar weiter kürzen.
Neue Zahlen sind wenig von Evers zu hören. Dass Berlin jährlich etwa 430 Millionen aus dem Investitionsprogramm für die Länder bekommen soll, ist längst bekannt, und dass Berlins aktueller Schuldenstand inzwischen bei rund 70 Milliarden liegt und weiter steigen wird, ebenfalls.
Hoffnung auf Verwaltungsreform
Was er aber immer wieder betont: Berlin habe – genau wie andere Länder und Kommunen – strukturelle Probleme. Von einem „Allmählichkeitsschaden“ spricht Evers, was in der Versicherungsbranche dafür stehen soll, nicht durch einen Unfall, sondern über fehlende Pflege einen Totalschaden zu erleiden. Das zu verändern, ist aus Evers Sicht über zehn Jahre lang an fehlendem Mut gescheitert – nun aber werde „dieser Mut gerade durch die Umstände erzwungen“.
Evers hofft zudem auf die Verwaltungsreform, die das Abgeordnetenhaus am Donnerstag beschließen soll – ein Werk, das bereits seit Jahrzehnten angestrebt wird. Aus Evers Sicht hat in den Verwaltungen schon ein Mentalitätswechsel begonnen – die Chefin des Hauptpersonalrats hingegen berichtete jüngst noch von einer „Kultur des Misstrauens“.
Der Koalitionspartner SPD taucht in seinen Ausführungen nicht direkt auf, wohl aber mittelbar. Evers sagt auf eine Frage aus dem Publikum hin, dass das Land schon längst mit privatem Geld arbeite – obwohl die SPD solche öffentlich-privaten Partnerschaften, kurz ÖPP, ablehnt. „Wir machen ganz viel ÖPP durch Kreditaufnahme“, sagt Evers. Ob man an private Geldgeber Zinsen oder Miete zahlt, kommt für ihn aufs Gleiche raus.
Seine Rolle im elfköpfigen Senat – wo er Vizechef ist – beschreibt er vor dem Hintergrund nicht immer verbreiteter Sparbereitschaft mit einer Begegnung aus seiner Anfangszeit als Senator 2023. Da soll ihn jemand gefragt haben, was er denn beruflich mache. Geantwortet habe er: „Ich arbeite mit schwer erziehbaren Erwachsenen.“
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