Berlins Flughafen-Chaos: Die Baustelle des Grauens
Der Technik-Chef stöhnt über das Debakel, ein neuer Eröffnungstermin steht in den Sternen, und die Kosten explodieren weiter.
Das Grauen hat jetzt auch den Technik-Chef des Flughafens Berlin Brandenburg gepackt: „Die Probleme sind nach dem, was wir sehr mühevoll in den letzten Monaten aufgedeckt haben, heftig, sehr heftig, gravierend, fast grauenhaft“, sagte Horst Amann am Dienstag in einem Radiointerview.
Lückenhafte Baupläne, Kühlungsrohre ohne Isolierung, eine Entrauchungsanlage, die dem Gebäude im Brandfall nicht die nötige Frischluft zuführen würde, und noch dazu die gesamte Unternehmesstruktur im Umbau: Kein Wunder, dass Amann einen neuen Eröffnungstermin frühestens in einem halben Jahr benennen will. Im Grunde, so heißt es in Gesellschafterkreisen, geht es nun um eine Frage: Macht es noch Sinn, sich weiter an der Korrektur begangener Baufehler zu versuchen? Oder muss das Terminal komplett umgebaut werden?
Darüber soll Amann in der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch kommender Woche informieren. Dann geht auch der Vorsitz des Gremiums vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit auf Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) über. Außerdem geht es um das neue Gesicht der Geschäftsführung: Rainer Schwarz soll gehen, ein Nachfolger sowie ein frischer Manager für die Finanzen sollen kommen.
Was auf letzteren zukommt, ist schwer absehbar. Mit Mehrkosten von 500 Millionen Euro durch die neuerliche Verschiebung rechnet der Grünen-Fraktionschef im Brandenburger Landtag, Axel Vogel – abgeleitet aus Einnahmeausfällen und Baumehrkosten bei der letzten Verlegung. „Das ist sehr, sehr tief gegriffen“, betont Vogel. Auf zwei Milliarden Euro beziffert Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa den Bedarf, um den steigenden Fluggastzahlen gerecht zu werden.
Wieviel Geld der Flughafen noch verschlingen wird, das hängt mit davon ab, inwiefwern die Betreibergesellschaft Entschädigungen an ihre Nutzer zahlen muss. Bereits im Dezember hatte Air Berlin berechnet, ihr seine Schäden entstanden durch die Verschiebung im Umfang eines „großen zweistelligen Millionenbetrags“. Das Unternehmen hat Anfang November eine Klage beim Landgericht Potsdam eingericht – eine Entscheidung darüber gibt es noch nicht.
Die Flughafengesellschaft sieht dem gelassen entgegen: Sie habe in keinem Vertrag einen Termin für die Eröffnung garantiert. Auch die Bahn geht davon aus, dass sie auf ihrem Ausfällen – zuletzt 34 Millionen Euro – sitzen bleibt. „Mögliche Schadensersatzansprüche sind voraussichtlich nur stark eingeschränkt rechtlich begründbar und durchsetzbar“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters ein internes Papier.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern