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Berliner Wochenkommentar IIEinfach schamlose Arbeitgeber

Stockende Verhandlungen: Studentische Beschäf­tigte der Berliner Universitäten wollen endlich mehr Lohn. Seit 17 Jahren gab es keine Lohnerhöhung.

Studenten müssen oft arbeiten. Arbeiten sie an den Unis, werden sie schlecht bezahlt Foto: dpa

Ganze 17 Jahre ohne Lohnerhöhung – in welcher Branche, für welche Beschäftigten wäre das was anderes als ein guter Grund, mit Schwung auf die Barrikaden zu gehen? Die Mieten steigen, der Nahverkehr wird immer teurer. Lebensmittel, Steuern, Eintrittsgelder, Reparaturen – alles kostet mehr, der Stundenlohn aber bleibt gleich? Für die studentischen Beschäftigten der Berliner Hochschulen ist diese Situation traurige Realität. Seit ebenjenen 17 Jahren.

Die betroffenen Arbeitsverhältnisse sind der Anlage nach befristet, keine einzelne Person dürfte dieses Elend also je über den gesamten Zeitraum ertragen müssen. Der individuelle Leidensdruck ist entsprechend niedriger als für viele andere Angestellte.

Dass die derzeitige Generation studentischer Beschäftigter trotzdem die Nase voll hat und seit über einem Jahr um die längst überfällige Anpassung kämpft, ist ihr hoch anzurechnen. Am vergangenen Donnerstag nun traf man sich erneut mit den Arbeitgebern, um die stockenden Verhandlungen wieder in Gang zu bringen.

Das ist schlicht armselig

Die Hochschulen sind bislang nicht einmal bereit, die ihnen vom Land seit Jahren zugewiesenen Mittel zur Lohnsteigerung für die Betroffenen als Berechnungsgrundlage zu nehmen. Ihr Angebot von 12,13 Euro Stundenlohn liegt sogar noch unter den 12,50 Euro, die die Technische Universität im Alleingang bereits freiwillig zahlt. Das ist schlicht armselig.

Außerdem sind die Arbeitgeber weiterhin unwillig, die künftige Lohnentwicklung an den Tarifvertrag der Länder zu koppeln, wie es die Studierenden fordern. Was kann das anderes bedeuten, als dass darauf spekuliert wird, dass man sich in Zukunft, mit den nächsten Generationen Beschäftigter, wieder ein paar Lohnrunden sparen kann, bevor nach zehn, 15 oder 17 weiteren Jahren jemandem der Kragen platzt? Vor Scham im Boden versinken müssten sie für diesen Zynismus.

Immerhin zeigt die Tatsache, dass die aktuelle Verhandlungsrunde noch nicht geplatzt ist und die gewerkschaftliche Tarifkommission und der Kommunale Arbeitgeberverband sich im April erneut treffen wollen, dass es ein wenig Bewegung gibt. Solange die Arbeitgeberseite aber versucht, die studentischen Beschäftigten nicht nur bei der Entlohnung, sondern auch strukturell auf niedrigerem Niveau als alle anderen zu halten, so lange kann es keinen respektablen Abschluss dieser Verhandlungen geben.

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2 Kommentare

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  • Nur mal so zum Vergleich, warum die Lage vor 17 Jahren anscheinend recht traumhaft war für Berliner Studierende, hier die Vergütungstabelle der Wiss. Hilfskräfte in Bayern 2017:

    Stundensatz ohne Abschluss: 8,90€; Stundensatz mit Bachelor: 10€; Stundensatz mit Uni-Abschluss: 12,70€. Und im Vergleich zum Mittelbauproletariat in den Unis, das in befristeten Verträgen von den Profs terrorisiert wird, geht es den Studierenden noch recht gut.

    • @Dorian Müller:

      > im Vergleich zum Mittelbauproletariat

       

      Verdienen Studentsiche Beschäftigte weniger, müssen KV selbst zahlen und haben keine ALG 1 möglichkeit. Zudem sind die Verträge befristet und für Aufgaben von TV-L Beschäftigten (auch "unqualifizierte" E2-E4 etc.) verdienen sie wesentlich weniger. Zudem gibt es für Krankheiten über 6 Wochen kein Geld, was der GEsundheit nicht zuträglich ist.

       

      > das in befristeten Verträgen von den Profs terrorisiert wird

       

      Die Studentischen Beschäftigten sind ebenfalls befristet, oft sogar nur auf ein paar Monate - und im Effekt ist es oft die Professorenstelle die über die weiterbeschäftigung entscheidet - währenddessen sind die studentischen Beschäftigten den Profs in Studium (Prüfungen), Arbeit (Vorgesetztenfunktion / Mittelgeber) und künftiger Entwicklung (Master / Promotion / Anstellung am Lehrstuhl) ausgesetzt.

       

      Den Unter- und Mittelbau gegen die Studis und studentischen Beschäftigten stellen geht fehl. Studis müssen Vollzeit studieren und zusätzlich 40 bis 80 Stunden arbeiten.

       

      Nur mit 80 Stunden ist in Berlin überhaupt ein karges Leben zu finanzieren, die "Rückmeldegebühren" steigen, die KV+PV sind für Menschen die eine Ausbildung machen und dann studieren häufig im Bereich von 190 Euro (egal ob sie 40 Stunden oder 80 Stunden arbeiten).