Berliner Wochenkommentar II: Willkommen im Wespennest
Die Ethnologin Inés de Castro, derzeit Chefin des Lindenmuseums Stuttgart, soll das Museum im Humboldtforum leiten. Das wird kein Zuckerschlecken.
Kann sich noch jemand an gute Nachrichten von Berliner Großbaustellen erinnern? Wohl kaum. Umso bemerkenswerter ist, dass diese Woche das Humboldt Forum (HUF) gleich mit zwei positiven Meldungen aufhorchen ließ: Zum einen soll das Schloss „wie geplant“ Ende 2019 eröffnet werden, wie Hans-Dieter Hegner am Montag bei einer Runde durch den Rohling betonte. Das 600-Millionen-Projekt liege „voll“ im Kosten- und Zeitplan, so der Bauvorstand der Stiftung Berliner Schloss.
Zum anderen war ab Mittwoch klar, dass der Stiftungsrat die Ethnologin Inés de Castro, aktuell Direktorin des Stuttgarter Linden-Museums, zur neuen Chefin für die Sammlungen des Humboldt Forums mit dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst machen will. Ein Superjob für eine super Frau vom Fach! Könnte man meinen.
Denn die frohen Botschaften von der Bau- und Museumsfront verdecken, dass es weiterhin ein großes personelles und inhaltliches Durcheinander, ja Wespennest im HUF gibt, für das sich de Castro wappnen sollte.
Unklare Zuständigkeiten
Es ist bis dato undurchschaubar, welcher der drei Gründungsintendanten – der Brite Neil MacGregor, SPK-Präsident Hermann Parzinger und der Kunsthistoriker Horst Bredekamp – im HUF das Heft des Handelns in der Hand hält. Zudem fehlt ein Generalintendant; und Politiker des Bundes, Berlins, Kulturmanager und Kuratoren nehmen Einfluss und verfolgen ihre Interessen.
Wohin das neue Ausstellungskonzept steuert, ist ebenfalls ein Rätsel. Wie werden die Objekte aus der Südsee, die Kulturen Asiens, Afrikas und Amerikas präsentiert – wie reflektiert? Folgt einer Spezialschau die nächste? Wird die Sammlungsgeschichte thematisiert? Offene Fragen.
So toll der Job ist, es wird kein Zuckerschlecken für de Castro, die 1968 in Buenos Aires geboren wurde und in Bonn Ethnologie studierte. Heute ist sie eine der profiliertesten Museumsmacherinnen. Es täte gut, wenn sie ihre politisch-aufklärerischen Programme aus Stuttgart wie etwa bei der aktuellen Ausstellung über das von den Vereinigten Staaten seit 1898 besetzte Königreich Hawaii nach Berlin mitbringen würde. Das wäre ein Signal im Kompetenz- und Machtdschungel am HUF und ein wichtiger Schritt in Richtung Klarheit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!