Berliner Szenen: Untoter Hund
Ein Hund auf dem Weg zum Friedhof und Haare, die nach Fischfutter riechen.
A uf der Karl-Marx-Straße steht ein Auto, und in dem Auto ist ein Hund, und der bellt, und das wäre alles noch einigermaßen normal, wenn auf dem Auto nicht groß draufstehen würde: „Berliner Tierfriedhof. Erd- und Feuerbestattung“.
Der Hund bellt sich die Seele aus dem Leib, er bellt alles an, was vorbeikommt, und es kommt sehr viel vorbei. Er bellt eigentlich genau so, wie ich mir den „Hound of the Baskervilles“ vorstelle. Würde an dieser Stelle ein gewisser Sherlock Holmes erscheinen, das Auto aufbrechen und den Hund erschießen, sagen Sie nicht, ich hätte nichts gesagt.
Aber Sherlock Holmes kommt nicht, niemand kommt, alle Leute laufen und fahren an dem Auto vorbei. Und der Mensch, der zum Auto gehört? Besorgt wahrscheinlich gerade einen Blumenstrauß und ein Spruchband für das Hundegrab.
Ausgerechnet jetzt, wo es diese Geschichte in den Nachrichten gab von der Frau, die nach einem Autounfall für tot erklärt wurde, und irgendwann merkte jemand, dass die Frau im Sarg noch atmet. Großes Hallo in der Pathologie. Später starb die Frau dann aber doch. Und der Hund? Na ja.
Was soll ich machen. Bin auf dem Weg zur Friseurin. Eigentlich wollte ich zu dem Friseur, bei dem J. war, da haben sie ihr so tolle dunkelrote, lockige Haare gemacht. Ich will auch solche Haare. J. hat mir den Link zur Frieseurhomepage geschickt, ein Haarschnitt kostet für Frauen 55 bis 75 Euro, Färben ab 35 Euro.
Ich gehe also zu meiner 12-Euro-Friseurin und sage: „Einmal Spitzen schneiden, bitte.“ Die Friseurinnen dort sind alle sehr nett, aber wenn man rauskommt, ist man voll mit Haarfusseln und die Haare riechen nach Fischfutter. Manchmal bringe ich deswegen mein eigenes Shampoo mit, meistens vergesse ich es. Die Friseurin guckt viel aus dem Fenster, während sie meine Haare schneidet. Auf dem Rückweg ist das Auto mit dem Hund nicht mehr da.
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