Berliner Szenen: Wo Schlumpfeis Schlumpfeis heißt
Es gibt keinen Weg zurück in die Kindheit. Nicht mal im Kino.
I ch hatte mir das mit dem Passage-Kino so idyllisch vorgestellt. Das Kino meiner Kindheit. Hier hab ich meine ersten Filme gesehen. „Aladdin“ oder „Der König der Löwen“, glaube ich. Heute „Feuchtgebiete“. Obwohl ich auf dem Weg zur Schule immer hier vorbei musste, war ich mindestens 15 Jahre nicht mehr in diesem Kino.
Sehe leider schon beim Reinkommen, dass es ein Problem gibt. Es gibt nur eine Sorte Popcorn. Wenn es nur eine Sorte Popcorn gibt, ist es fast immer süß, das ist so ein ganz grundlegender kulturtechnischer Scheißfehler. S. sieht das auch, ich muss gar nichts sagen. „Willst du doch woanders hin?“, fragt er. Das ist Liebe.
„Hmm. Nee. Ist okay“, sage ich. Wir gucken den Film, er ist in Ordnung, dann beschließen wir, zu Fuß nach Hause zu gehen. Streiche in Gedanken das Passage-Kino von meiner Kinoliste. Schade. Ist aber immer so mit Sachen aus der Kindheit. Man kann da nicht mehr zurück. Die Ansprüche ändern sich – oder die Sachen selber. Oder beides.
„Willst du ein Schlumpfeis?“, fragt S. Unbedingt. Allein schon, weil das Schlumpfeis hier noch Schlumpfeis heißt und nicht „Engelblau“. An der Berliner Bank hängt ein Plakat: „Meine Bank ist wie Berlin.“ Klingt für mich nach „kriegt nichts rechtzeitig fertig, ist fett verschuldet und voller Touris.“ Ist aber auch blöd, dass das für mich so klingt.
Ein Stück weiter, auf dem Platz der Stadt Hof, wird gebaut. Da, wo früher Leffers war. Bei Leffers hab ich als Kind mal einen Malwettbewerb gewonnen, dafür einen Einkaufsgutschein gekriegt und mir einen Pulli mit Schaukelpferden ausgesucht.
Der Stein, mit dem sie den Platz der Stadt Hof pflastern, heißt Quirrenbach-Grauwacke. Steht auf einem Schild unter „Besondere Nachrichten“. Während ich das Schild lese, fängt das Eis an zu tropfen und ich frage mich, warum der Platz so umständlich heißt und nicht einfach „Hofer Platz“.
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