Berliner Szenen: Kommt immer wieder
Beim Augenarzt, Teil 1: Kaum jemand geht allein zum Arzt. Und wer einmal da war, kommt immer wieder, sagt die Sprechstundenhilfe.
D as Wartezimmer ist voll, und es gibt kein WLAN und keinen Handyempfang. Ich hab die Zeitung komplett durchgelesen, sogar den Sportteil. Außer mir sitzen noch zehn Leute hier. Auf dem Tisch liegen Prospekte über neue Augenoperationsmethoden, die ich nicht kennen will.
Elf Leute auf zwei Ärzte. Ich gucke die Fotos auf meinem Handy an. Die Ärztin ruft, „Frau Ünal bitte“, und das halbe Wartezimmer steht auf. Eine Frau, die auf Krücken läuft, wird von zwei Männern gestützt, drei Leute gehen hinterher und bleiben vor dem Behandlungszimmer sitzen. Ein Mann kommt zurück aus dem zweiten Behandlungsraum, er holt seine Jacke von der Garderobe und seine Frau mit Kind, vermutlich Enkelkind, aus dem Wartezimmer.
Nur noch zwei Leute vor mir. „Frau Krawutzke bitte“, ruft der Arzt, und eine Frau und ein Mann stehen auf. Ich bin die Einzige, die allein hier ist.
Bei Frau Krawutzke geht es schnell, danach bin ich dran. „Hm“, macht der Arzt und sagt zu seiner Assistentin: „Offenbar eine Xyroplastokramphrokose, ist schon ziemlich klamzytrisch“ – jedenfalls klingt es für mich so – „mit einer leichten Enzalyniophokoskopiefraxur.“ Die Assistentin tippt.
„Also, eine was?“, frage ich. „Entzündeter Lidknoten“, sagt der Arzt und dann wieder zur Assistentin: „Schreiben Sie Schmonzoflabokeriosin auf, oder Klerofurniolopherkylin, was Sie wollen.“ „Mir egal“, sagt die Assistentin. „Dann Klerofurniolopherkylin“, sagt der Arzt.
„Das ist was genau?“, frage ich. „Ein Breitbandantibiotikum“, sagt er. „Lassen Sie sich vorne das Rezept geben.“ Die Sprechstundenhilfe, die mein Rezept ausdruckt, guckt mich an, dann ihren Computerbildschirm, dann wieder mich, dann sagt sie: „Na, hoffentlich geht das bald weg, nicht?“ „Ja“, sage ich, „hoffe doch.“ „Aber na ja“, sagt sie, „wenn Sie so was einmal hatten, kommt das immer wieder. Das werden Sie nicht mehr los.“
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