Berliner Szenen: Kifferparty olé
Jugendliche probieren sich aus: Als Undergroundkünstler auf dem Weihnachtsmarkt und als Beziehungsexpertinnen in der U-Bahn.
D ienstagnachmittag. Ich versuche unfallfrei über den Alex zu kommen, aber es ist schon Weihnachtsmarkt. Also „Weihnachtsmarkt“. Neben den Lebkuchenherzen-Herrnhuterstern-Nussknacker-Ständen ist eine kleine Eisbahn aufgebaut. Es läuft so eine Art Kindertechnoschlagerremix, wo ein Typ singt „Kifferparty olé / Alle tanzen im Schnee.“
Vielleicht auch Käferparty oder Kefirparty, versteht man nicht richtig und ist auch scheißegal. Ein paar Jugendliche drehen auf dem Eis ihre Runden und gucken dabei auf ihre Smartphones. Ich will erst in einen Schwall aus Kulturpessimismus und Passt-doch-uff-Rufreiz ausbrechen, merke dann aber, dass es wohl kaum eine kapitalismuskritischere Underground-Kunstaktion geben kann als zwischen all den Kaufhofs, Saturns und Primarks auf einer „Eisbahn“, die zu einem „Weihnachtsmarkt“ gehört, bei plus 7 Grad im Kreis Schlittschuh zu laufen und dabei auf ein Smartphone zu gucken.
Laufe weiter zur U-Bahn, trete dabei fast auf ein batteriebetriebenes Hündchen, das zu den Russenmützenverkäufern gehört und auf dem Boden rumwackelt.
In der U-Bahn setze ich mich neben zwei Jugendliche. Sie ist ein bisschen gesprächiger als er. „Ich meine, wir passen so gut zusammen, wir wollen heiraten, wir wollen Kinder, wir wollen dies und das, da muss man sich doch auch mal zusammenreißen, ich meine, so viele Leute auf der Welt haben Beziehungen, die kriegen das ja auch hin und teilweise schon viel länger als wir. Ich hab ihm gesagt, meine Cousine, ja, die ist mit ihrem Freund schon zehn Jahre zusammen, und die kriegen das auch hin.“
„Zehn Jahre“, sagt er. „Ja, zehn Jahre“, sagt sie, „und ich sag einfach mal ganz ehrlich, wenn das bei denen geht, dann geht das bei uns auch. Bloß bei Petrick ist das Ding: Er redet nicht. Weiß ich auch nicht, wie das gehen soll. Er redet einfach nicht.“ – „Hm“, sagt der Junge.
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