Berliner Studie zu Racial Profiling: Notfalls auch im Alleingang

SPD-Innensenator erklärt, dass sich Berlin an einer Studie über Racial Profiling beteiligen wird. Linke und Grüne sind eh dafür. Ein Wochenkommentar.

Stop racial profiling" steht am 30.04.2016, am Vorabend des 1. Mai, in Hamburg auf einem Transparent, das von einem Hausdach gehalten wird

„Stop racial profiling“: In Hamburg wurde schon 2016 gegen Racial Profiling demonstriert Foto: dpa

Es ist eine gute Nachricht. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat erklärt, dass sich Berlin an einer Studie über Racial Profiling beteiligen wird. Linke und Grüne sind ohnehin dafür. Nach dem Rückzieher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Bundesländer zu einem gemeinsamen Vorgehen aufgerufen. Er wolle die Studie anpacken, „mit oder ohne den Bund“, so Pistorius.

Wenn man von etwas ausgehen kann, dann davon: Die Innenminister der Länder werden sich in dieser Frage nicht einigen. Aber das ist auch besser so. Alles andere würde bedeuten, das Anliegen der Untersuchung bis zur Unkenntlichkeit zu verwässern. Berlin sollte sich mit Bremen, Thüringen und Niedersachsen zusammentun. Gelingt das nicht, dann eben im Alleingang.

Dass es Racial Profiling bei den Polizeibehörden des Bundes und der Länder gibt, ist unbestritten. Fakt ist, dass immer wieder Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder anderer körperlicher Merkmale von der Polizei kontrolliert werden, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gibt. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (Ecri) forderte schon im Dezember 2019 eine umfassende Studie von Bund- und Länderpolizeien zu dem Thema.

Die Kampagne für Opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt (KOP) hat sich die Mühe gemacht, alle der Initiative bekannt gewordenen Fälle von vermeintlich rassistisch motivierten Polizeivorfällen in Berlin in der Zeit zwischen 2000 und 2020 zusammenzutragen. Die Dokumentation umfasst nahezu 300 Seiten.

Aus Sicht von Betroffenen

Es ist eine subjektive Bilanz, erzählt aus Sicht von Betroffenen. Auf Vollständigkeit und Objektivität erheben die Verfasser von KOB erklärtermaßen keinen Anspruch. Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder dokumentierte Fall Racial Profiling war. Dass Polizisten zum Teil durchaus berechtigte Gründe hatten, Betroffene zu kontrollieren. Letzteres sei an die Adresse von Leuten gerichtet, die automatisch von Racial Profiling sprechen, wenn eine Person of Color kontrolliert wird.

Das ändert aber nichts daran, dass es unzählige Vorfälle von Racial Profiling gibt. Gar nicht mal die großen Polizeiaktionen, eher die vielen kleinen Vorkommnisse, die allzu demütigend sind, weil immer wieder eher diejenigen mit der dunkleren Haut- und Haarfarbe einer Prüfung unterzogen werden.

Die Studie wäre ein erster Schritt. Es geht darum, ein Problembewusstsein für diesen Alltagsrassismus zu schaffen, um diesem dann entgegenzuwirken. Dass die Polizei nur ein Spiegelbild der Gesellschaft sei – wie es immer heißt –, darf keine Entschuldigung sein. Im Gegen­teil. Ausgerechnet von jenen diskriminiert zu werden, die für die Freiheitsrechte einstehen sollten, ist für die Betroffenen besonders tragisch.

Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat der Politik Beine gemacht. Es kommt nun darauf an, dass ein unabhängiges wissenschaftliches Forschungsinstitut mit der Studie beauftragt wird. Die rot-rot-grüne Koalition muss liefern, ohne Wenn und Aber.

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