Berliner S-Bahn-Chaos: Bahn-Ersatz verzweifelt gesucht
In der S-Bahn-Krise kommt der Regierende Bürgermeister mit einem neuen Lösungsvorschlag: dauerhafter Ersatzverkehr. Entschädigung weiter unklar.
Bei der Suche nach Lösungen für die S-Bahn-Krise hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eine neue Idee in die Debatte eingebracht: Er habe die Senatsverwaltung für Verkehr damit beauftragt, zu prüfen, ob langfristige Ersatzverkehr eingerichtet werden kann.
"Wenn hier eine dauerhafte Schlechtleistung vorliegt, muss verstärkt über Alternativen nachgedacht werden," sagte Wowereit am Freitag. Dafür könnten bei Bedarf auch neue Busse angeschafft werden. Eine Finanzierung sei aus einbehaltenen Mitteln für die S-Bahn denkbar. Ein vollständiger Ersatz für die S-Bahn-Ausfälle sei das aber nicht, stellte Wowereit klar: "Da muss ein Systemwechsel her."
Bei der S-Bahn, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, häufen sich seit Anfang Dezember die Probleme: Machte das Unternehmen anfangs vor allem verschneite Weichen und Motorenausfälle dafür verantwortlich, kappte es am vergangenen Wochenende für einige Tage lang mehrere Außenstrecken ganz: Durch einen Wartungsrückstau seien nicht ausreichend Züge vorhanden gewesen. Die Probleme bei der S-Bahn reichen aber noch weiter zurück: Bereits im Jahr 2009 beanstandete das Eisenbahnbundesamt unzureichend durchgeführte Kontrollen und zog mehrere hundert Züge aus dem Verkehr.
Am Donnerstagabend hatte nun das Bundesverkehrsministerium angekündigt, neue Züge anzuschaffen und damit die Probleme bei der S-Bahn zu lösen. Wowereit äußerte sich dazu skeptisch: Die S-Bahn sei laut ihrem Vertrag ohnehin verpflichtet, einen funktionierenden S-Bahn-Verkehr anzubieten. "Dazu gehört natürlich auch das Equipment, also die Fahrzeuge." Er äußerte die Befürchtung, dass mit dem Angebot des Ministeriums die Erwartung einher gehe, den Vertrag mit der S-Bahn nach seinem Auslaufen im Jahr 2017 zu verlängern. "Derzeit kann man aber nicht sagen, dass die Bahn auf jeden Fall den Zuschlag bekommt." Die Verkehrsverwaltung will im nächsten halben Jahr über eine mögliche Ausschreibung entscheiden.
Verkehrsexperten sehen die S-Bahn derweil wieder auf dem Weg der Besserung: "Das meiste, was bislang massiv gebremst hat, sollte in den nächsten Monaten erledigt sein", sagt Stefan Kohte vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Tatsächlich hat die S-Bahn kurz vor Weihnachten damit begonnen, Räder und Achsen der Baureihe 481 auszustauschen. "Für den Kunden wird sich das voraussichtlich im zweiten Quartal 2011 bemberkbar machen", sagt ein Bahn-Sprecher. Zunächst werden die Züge jedoch langsamer: Laut dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) soll die Höchstgewindigkeit bis auf weiteres um 20 auf 60 Stundenkilometer sinken.
Einen längerfristigen Ersatzverkehr mit Bussen hält Kohte nicht für sinnvoll: Die Erfahrung aus 2009, als beispielsweise ein Ersatzverkehr von Schönefeld zum Alexanderplatz angeboten wurde, habe gezeigt, dass die Fahrgäste ihn nicht annähmen. "Bei langen Strecken warten die lieber 20 Minuten auf die S-Bahn", ist Kohte überzeugt.
Unklar ist, wie die Fahrgäste für die aktuellen Ausfälle entschädigt werden. "Eine Antwort auf diese Frage erwarte ich von Herrn Grube am Montag im Verkehrsausschuss", so Wowereit. Bahnchef Rüdiger Grube will am Montag erstmals den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.
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