Berliner Rückblick – und Ausblick: Das lange Jahr 2017

Trump, der Terror am Breitscheidplatz, die rot-rot-grüne Koalition: Vieles, was schon 2016 passierte, prägte auch 2017. Was folgt daraus?

Glückskeks

Ein wahre Botschaft – und nein: das ist nicht Sigmar Gabriel Foto: dpa

Nüchtern betrachtet macht es keinen Sinn, in diesen letzten Tagen des Jahres dessen Bilanz zu ziehen. Denn letztlich ist es fast reine Willkür, aus der Zeit einer Sonnenumkreisung einen irgendwie für sich, die anderen oder die ganze Welt relevanten Zeitrahmen abzuleiten.

Aber zum einen ist das mit der Nüchternheit am Jahresende so eine Sache, zum anderen ist 2017 ein toller Beleg für die just erwähnte Willkür. Denn das ausgehende Jahr – oder vielmehr das, was diese zwölf Monate zumindest in politischer Hinsicht dauerhaft geprägt hat – hat schon Ende 2016 begonnen. Und es ist mit Silvester nicht vorbei.

Globalpolitisch gesehen begann 2017 am 9. November 2016 mit der unvorhergesehenen Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, auf Deutschland bezogen bildet der 19. Dezember 2016 den Startpunkt: Der Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz mit zwölf Toten war der erste Anschlag dieser Art in Deutschland. Und berlinpolitisch gesehen könnte man den 8. Dezember 2016 markieren: die Wahl von Michael Müller im Abgeordnetenhaus zum Regierenden Bürgermeister durch eine Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen.

Diese drei Ereignisse haben erst mal so gut wie nichts miteinander gemein. Aber sie markieren allesamt den Beginn von Entwicklungen, die uns 2017 begleitet haben und die noch eine gute Weile andauern werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich also höchstens ein Zwischenfazit ziehen. Und das kann guten Gewissens sehr unterschiedlich ausfallen.

Zum Beispiel dieser US-Präsident: Ist es jetzt ein positives Zeichen für den Zustand der Welt, dass die noch nicht in (Atom-)Kriegen versunken ist? Oder sind wir, nach all den Trumpeleien gegenüber Nordkorea, dem Nahen Osten etc., weiterhin auf dem besten Weg dahin? Sind die Vereinigten Staaten trotz dieser Wahl eine stabile Gesellschaft, die mal vier Jahre Dumpfheit abkann (oder sich sogar irgendwann noch dagegen auflehnt), oder gewöhnt sie sich gerade schleichend daran? Sicher ist: Trump wird uns auch 2018 auf vielen Titelseiten (auch dieser Zeitung) begegnen – und wohl eher nicht aus Gründen seines Rücktritts oder eines Impeachments.

Zum Beispiel der Breitscheidplatz: Der Anschlag hat die Stadt und das Land weniger verändert als befürchtet, vielleicht weil die Politik die Bürger durch das Mantra von der nicht vorhandenen hundertprozentigen Sicherheit vorbereitet hat. Aber allein die Tatsache, dass bei der Nennung des Wortes Breitscheidplatz – einer der prominentesten Plätze Berlins – seither immer auch Terror mitklingt, macht bewusst, was da passiert ist. Der Ort ist eine Narbe geworden im Alltag, die nicht mehr schmerzt, aber da ist. Für lange.

Nüchtern betrachtet ist das doch alles immer noch so 2016!

Auch hier ist die Bilanz schwierig: Es gab massives Versagen der Sicherheitskräfte bei der Überwachung des späteren Attentäters Anis Amri (auch dieser Name hat sich eingebrannt), am Abend des Anschlags selbst und danach. Gleichzeitig ist klar: Zumindest während solcher überraschender und komplexer Ereignisse werden zwangsläufig Fehler gemacht. Und im Nachhinein ist es leicht, am Fall Amri die Pannen aufzuzählen. Letztlich müsste man aber wissen, wie viele Amris da draußen unterwegs sind.

Schließlich Rot-Rot-Grün in Berlin: Auch das ist eine schwierige (Beziehungs-)Kiste. Welche Erwartungen darf man hegen? Welche als Messlatte anlegen? In den Kritiken zum Einjährigen lobte man zum einen, dass überhaupt Veränderungen vorsichtig angestoßen werden nach fünf Jahren Stillstand unter einer Großen Koalition; zum anderen sind viele Ankündigungen von SPD, Linken und Grünen eben bisher Ankündigungen geblieben. Man darf also geteilter Meinung sein oder mit der gerne noch ein bisschen warten.

Oder einfach sagen: Nüchtern betrachtet ist das doch alles immer noch so 2016! Wir müssen nach vorne schauen.

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