Berliner Pirat zur Rassismusdebatte: „Rassisten müssen wir ausgrenzen“

Der Berliner Pirat Höfinghoff ist sich sicher, dass es Rassisten in seiner Partei gibt. Gegen sie will er mit Infoveranstaltungen vorgehen – wer das nicht wolle, gehöre ausgeschlossen.

Plädierte für weniger harte Abgrenzung gegen Neonazis: Berliner Piraten-Landeschef Semken (m.). Bild: dapd

taz: Herr Höfinghoff, Sie sagen, dass es in der Piratenpartei ein massives Problem im Umgang mit rassistischen Äußerungen gibt. Ihr Bundesvorsitzender widerspricht und sieht in der Partei kein Problem mit rechts.

Oliver Höfinghoff: Die Aussage von Herr Nerz ist an der Stelle falsch. Wenn wir als Partei jeden Menschen aufnehmen, dann holen wir uns natürlich auch dieses Rassismusproblem in die Partei. Ich glaube, dass Herr Nerz das Problem nicht sehen möchte und versucht, das zu ignorieren. Lösen lässt es sich so nicht.

In dem offenen Brief, den Sie gemeinsam mit Ihren Parteikollegen Stephan Urbach und Philip Brechler verfasst haben, forderten Sie den Berliner Landesvorsitzenden Hartmut Semken zum Rücktritt auf. Er empfindet die Rücktrittsforderung als eine hoch emotionale Überreaktion.

Zu diesem Sachverhalt möchte ich mich eigentlich gar nicht mehr groß äußern. Wir möchten jetzt Herr Semken die Möglichkeit geben, ein paar Tage in Ruhe darüber nachzudenken. Alles andere würde ich gerade als kontraproduktiv ansehen.

Sie haben die Debatte angeregt und möchten nichts mehr dazu sagen? War Ihnen in Vorfeld die Brisanz des Themas nicht bewusst?

34, ist Mitglied der Piratenfraktion des Berliner Abgeordnetenhauses. Der Industriekaufmann mit BWL-Bachelor ist u. a. Sprecher für Antifaschistische Aktionen.

Doch. Was wir aber nicht dachten, ist, dass es in der Öffentlichkeit ein so großes Interesse gibt. Wir sind eine Partei mit den entsprechenden Umfrageergebnissen, natürlich ist das Interesse für uns groß. Wir müssen halt damit leben.

Es ist vor allem deswegen interessant, weil in Ihrer Partei nicht zum ersten Mal Probleme mit rechtsextremistischen Äußerungen auftraten. Man denke an Bodo Thiesen oder den Direktkandidaten in Niedersachsen, Carsten Schulz.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir Rassisten in der Partei haben, die gekommen sind, um Unruhe zu stiften. Diese müssen wir jetzt identifizieren und ausgrenzen.

Reicht das?

Wir haben in der Partei Mitglieder, die eigentlich keine Rassisten sind, sich aber mit dem Thema nicht ausreichend auseinandergesetzt haben und sich dann dazu äußern.

Meinen Sie Herrn Semken?

Ich bin hundertprozentig sicher, dass Hartmut Semken kein Rassist ist und auch kein Neonazi. Aber auch er zeigt einen Erkenntnismangel.

Was möchten Sie dagegen tun?

Diesem Bildungsmangel können wir nur entgegenwirken, indem wir aktiv vorgehen und Informationsveranstaltungen machen. Diejenigen, die dieses Angebot annehmen, sind mir in der Piratenpartei herzlich willkommen. Alle anderen, die das nicht wollen, weil sie zu ignorant sind oder tatsächlich Rassisten, die will ich aus der Piratenpartei ausgeschlossen sehen.

Meinen Sie, dass das klappt?

Ja, wenn unserer Vorstand die Notwendigkeit erkennt, da handeln zu müssen, und sich nicht herausredet, wie Sebastian Nerz das tut. Wir müssen dieses Problem sehen und benennen.

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