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Berliner „Mohrenstraße“ umbenannt

Nach jahrelangem Streit heißt sie nun Anton-Wilhelm-Amo-Straße – Gegner uneinsichtig

Die Berliner „Mohrenstraße“ hat einen neuen Namen und heißt nun Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Nach jahrelangem Streit und einem juristischen Tauziehen in letzter Minute erfolgte die offizielle Umbenennung bei einem Festakt am Samstag. Zahlreiche Menschen applaudierten, als Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) und weitere Personen Straßenschilder in Berlin-Mitte symbolisch enthüllten. Redner verschiedener Initiativen betonten bei dem Fest, die Umbenennung sei Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels.

Was noch aussteht, ist die Umbenennung der U-Bahnhöfe. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen dies aber in den kommenden Tagen schnellstmöglich angehen. Eigentlich war die Anpassung des Bahnhofsnamens bereits zum Samstag vorgesehen, wie ein BVG-Sprecher mitteilte. „Aufgrund der juristischen Entwicklungen mussten wir die Namensänderung des U-Bahnhofs zunächst stoppen.“

Erst am Freitagabend hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) den Weg für die Umbenennung frei gemacht. Denn nach einer Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts stand die neue Namensgebung wieder auf der Kippe. Die Richter hatten dem Antrag eines Anwohners überraschend stattgegeben und die Umbenennung gestoppt. Der Bezirk legte dagegen jedoch erfolgreich Beschwerde bei der nächsten Instanz ein.

Erste Straßenschilder mit Amos Namen wurden bereits vor einigen Tagen angebracht. Der neue Name geht auf den aus Westafrika stammenden Gelehrten Anton Wilhelm Amo zurück, der im 18. Jahrhundert hierzulande wirkte. Er gilt als erster bekannter Schwarzer Philosoph und Jurist an deutschen Universitäten.

Aus Sicht der Grünen ist die Umbenennung ein Ergebnis „beharrlicher demokratischer Arbeit“. „Für viele Schwarze Menschen war dieser Straßenname eine tägliche Erinnerung an Ausgrenzung – jetzt setzen wir ein klares Signal für Respekt und Vielfalt“, erklärte Tuba Bozkurt, Sprecherin für Antidiskriminierungspolitik der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Der Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Tahir Della, zeigte sich erleichtert über die neue Namensgebung. Schwarze Menschen hätten immer deutlich gemacht, dass dieser Begriff bei ihnen rassistisch ankomme, sagte Della dem RBB-Inforadio. Würden solche Begriffe im öffentlichen Raum beibehalten, werde eine rassistische Perspektive reproduziert.

Betroffen von der Umbenennung ist unter anderem das Hotel Hilton. Von dort hieß es: „Die Anpassung der Adresse in allen Bereichen nehmen wir im gesamten Team mit Freude vor.“ Die Umbenennung sei ein „starkes Signal für Vielfalt und Weltoffenheit“.

Der Bezirk und mehrere Initiativen wollten die „Mohrenstraße“ seit Jahren umbenennen, da der Begriff „Mohr“ als rassistisch gilt.

Der Streit um die Umbenennung geht vor Gericht weiter. Noch immer sind Verfahren gegen die behördliche Anordnung offen. Allerdings hatte schon das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass die Anwohnerklagen gegen die Umbenennung wenig Erfolg haben dürften. (dpa)

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