piwik no script img

Berliner MietendeckelUrteil bis Mitte 2021 angekündigt

Das Bundesverfassungsgericht will bis Juni über die Zulässigkeit des Mietendeckels entscheiden. Das Urteil dürfte damit den Wahlkampf beeinflussen.

Der Mietendeckel macht das Wohnen in Berlin billiger Foto: dpa

Berlin taz | Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe will bis Mitte 2021 über die rechtliche Zulässigkeit des so genannten Mietendeckels entscheiden. Das geht aus einer Mitteilung des Berliner Verfassungsgerichts vom Donnerstag hervor. Danach werden die dort vorliegenden zahlreichen Normenkontrollverfahren ausgesetzt, bis Karlsruhe seine höher instanzliche Entscheidung getroffen hat. Dies soll, so Mitteilung des Berliner Gerichts, „im ersten Halbjahr 2021“ passieren.

Der Mietendeckel wurde von der rot-rot-grünen Koalition im Frühjahr verabschiedet. Danach werden Mieten für fünf Jahre rückwirkend auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 festgeschrieben. Zudem sollen ab November in einer zweiten Stufe zu hohe Mieten von den MieterInnen gesenkt werden können. Das Gesetzesvorhaben, angeschoben von der SPD, letztlich aber vor allem auf Druck der Linkspartei umgesetzt, hat für kontroverse Diskussionen gesorgt.

Während die einen es als wegweisend für eine finanzierbare Stadt halten, bezweifeln andere die Rechtsmäßigkeit des Gesetzes. Sie argumentieren unter anderem, dass ein Bundesland für einen solchen Eingriff gar nicht zuständig sei, sondern nur der Bund. Deswegen haben Fraktionen mehrerer Parlamente dagegen geklagt.

Auch Rot-Rot-Grün will eine rechtliche Klärung

Eine rechtliche Klärung unterstützt auch Rot-Rot-Grün. Ursprünglich hatte die damalige Bausenatorin Katrin Lompscher bereits mit einer Entscheidung in diesem Herbst gerechnet. Die jetzt vom Bundesverfassungsgericht angekündigte Zeitspanne verspricht Spannung: In Berlin wird voraussichtlich Ende September das Abgeordnetenhaus gewählt. Würde Karlsruhe Teile oder das ganze Gesetz kippen, wäre das eine deutliche Niederlage für die Koalition, die sich auch in Stimmenverlusten bei der Wahl ausdrücken könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ich gönne Berlin den Mietendeckel. Jetzt wuchert die Stadt nicht mehr so schnell weiter und es werden zahlreiche Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen umgewandelt, was die soziale Struktur Berlins aufwerten dürfte. Ein Upgrade, dass die Stadt unbedingt nötig hatte.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Im Interesse aller Mieter - und das ist ja wohl die Mehrheit in dieser Stadt - hoffe ich, dass das Urteil Bestand hat.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Selbstverständlich wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Bestand haben - es ist die höchste Instanz, darüber kommt nur noch der blaue Himmel.

      Das Urteil wird allerdings nicht so ausfallen, wie Sie (und vielleicht die Mieter) sich das vorstellen. Das Land Berlin hat bereits keine Gesetzgebungskompetenz für mietrechtliche Fragen. Haben Sie die Gutachten von Prof. Papier, Prof. Battis, dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestags und des Bundesinnenministeriums nicht gelesen? Wunschdenken führt nicht weiter.

  • Das Brandgefährliche an dieser Klage ist, dass die meisten Menschen im Falle der Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels ja nicht sagen werden: "Oha, gut, dass das gestoppt wurde, das verstößt ja gegen die Verfassung", sondern vielmehr "Was ist das für eine Scheißverfassung?"

    • @Suryo:

      Eine "Scheißverfassung" hätten wir, wenn sie willkürliche Umverteilung nach Robin-Hood-Manier, die Aushöhlung des Eigentums und beliebig staatliche Eingriffe in zivilrechtliche Verträge gestatten würde. Das tut unser Grundgesetz nicht. Deshalb ist es auch keine "Scheißverfassung". Vielleicht wären Sie in einem kommunistischen Regime glücklicher?

    • @Suryo:

      die kann man mit einer ausreichenden Mehrheit auch ändern

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    "Würde Karlsruhe Teile oder das ganze Gesetz kippen, wäre das eine deutliche Niederlage für die Koalition, die sich auch in Stimmenverlusten bei der Wahl ausdrücken könnte."



    würde andererseits dem enteignungs-volksbegehren hoffentlich noch einmal einen extra schub geben oder man muss sich halt andere wege überlegen, wie man dem mietenwahnsinn ein ende setzt, am bürgerlichen parlamentarismus vorbei

    • @90564 (Profil gelöscht):

      Dem Mietenwahnsinn setzt man ein Ende, indem man sich eine eigene Wohnung / Haus kauft. Ist billiger als zu mieten, dient dem Vermögenaufbau u gewährleistet die Altersvorsorge.

  • Wenn man als Regierung ein Gesetz verabschiedet und sich dann wünscht, dass es durch das Verfassungsgericht geprüft wird, ist das doch schon ein Eingeständnis für das eigene Unvermögen.



    Leider ist ja R2G hier inzwischen leider kein Einzelfall mehr, wenn es darum geht, dass Gesetze durch das Verfassungsgericht kassiert werden, aber das die Regierungspartei um eine Prüfung "bettelt" ist m.W. dann doch einmalig.

    • @unbedeutend:

      Na ja, das Gesetz ist ein starker Eingriff in Grundrechte, das ist ja de Macher*innen auch bewusst, außerdem ist es eine völlig neue Idee. Dazu kommt die massive politische Gegenwehr der Opposition, die vor allem die vermeintlichen oder tatsächlichen rechtlichen Zweifel nutzt, um gegen den Mietendeckel mobil zu machen. Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre das Thema halt vom Tisch und auch die Regierenden könnten gut schlafen. An deren Stelle ist das also nur wünschenswert, vor allem da anzunehmen ist, dass das Bundesverfassungsgericht selbst wenn es den Mietendeckel so wie er ist einkassiert, dennoch festlegen wird was die Länder in Zukunft mietenrechtlich alles dürfen und was der Bund darf. Auch da wäre Klarheit also für alle Beteiligten wichtig.