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Berliner Linke zu DW EnteignenFokus auf Vergesellschaftung

Die Umsetzung des Volksentscheids bleibt für die Linksfraktion zentral. Eine Debatte auf ihrer Klausur offenbart aber auch die Gefahren.

Die Linke bei der Übergabe ihrer gesammelten Unterschriften für das Volksbegehren Foto: dpa

Berlin taz | Die Berliner Linke will Motor für die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen sein. Man verstehe sich als „Garant für die Umsetzung“ heißt es in einem einstimmig gefassten Beschluss auf der Fraktionsklausur am Samstag: „Daran hindert uns auch keine Koalitionsraison.“

Vorausgegangen war der Abstimmung über das Strategie- und Positionspapier eine intensive, zweistündige Debatte, an der auch Ver­tre­te­r:in­nen der Kampagne teilnahmen. Die Fraktion erwartet von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Expertenkommission, die ein Jahr lang die Umsetzung der Vergesellschaftung vorbereiten soll, dass sie dabei das „Wie der Vergesellschaftung in den Fokus stellt“, wie der neue mietenpolitische Sprecher Niklas Schenker sagte. Zudem soll sie „transparent und öffentlich“ tagen.

Weniger als einen Monat vor Ablauf der ersten 100 Tage der Koalition, nach denen die Kommission ihre Arbeit aufnehmen sollte, ist deren Auftrag und Zusammensetzung allerdings weiterhin unklar. Ines Schwerdtner von DW Enteignen kritisierte, dass an die Initiative noch immer keine Einladung zu Gesprächen erfolgt sei, während der Senat sich bereits zweimal mit der Immobilienlobby im Rahmen des neuen Wohnungsbündnisses getroffen habe.

Grundsätzlich bestand Einigkeit darüber, dass die Einsetzung einer Kommission ein Kompromiss ist, denn ein „Umsetzungsauftrag für den Volksentscheid war in den Koalitionsgesprächen nicht vereinbar“, so der parlamentarische Geschäftsführer Steffen Zillich. Auch sei nicht sie der Ort, an dem letztlich die Entscheidung über eine Vergesellschaftung getroffen werde, sondern das Parlament. Gleichwohl soll das Expertengremium die Grundlagen für ein Gesetz erarbeiten und, so der Wunsch vieler Redner:innen, die Position der Ent­eig­nungs­be­für­wor­te­r:in­nen stärken.

Wie zentral ist die Zusammensetzung?

Während Schwerdtner die Auseinandersetzung über die Zusammensetzung der Kommission zentral nannte – die Initiative fordert das Vorschlagsrecht für 59 Prozent der Mitglieder –, spricht die Linksfraktion von einer Viertelparität, also ein anteiliges Vorschlagsrecht der Senatsparteien und der Initiative.

Parteichefin Katina Schubert sagte, die Mehrheitsverhältnisse seien „nicht zentral“. Viele Red­ne­r:in­nen aus Partei und Fraktion betonten vor allem den Schwerpunkt der gesellschaftlichen Auseinandersetzung neben der Kommissionsarbeit. Die Partei will mit ihrer Vergesellschaftungs-AG und einem neuen Begleiterkreis, mit großer Fachkompetenz und einem Sammelband die öffentliche Debatte prägen und damit sowohl in die Kommission hineinwirken als auch deren Ergebnisse übersetzen.

Grundsätzlich sieht sich die Linke in der Frage der Vergesellschaftung vor einer zentralen Aufgabe. Nicht nur, dass ihre Glaubwürdigkeit von der Umsetzung abhängt, wie auch Schwerdtner noch mal betonte, sondern auch was die Risiken eines möglichen gerichtlichen Scheiterns eines Gesetzes anbetrifft. Eine dritte juristische Niederlage nach Mietendeckel und Vorkaufsrecht dürfe es nicht geben, so Schubert.

Der rechtspolitische Sprecher Sebastian Schlüsselburg mahnte zudem an, dass die grundsätzliche Frage verhandelt werde, „ob antikapitalistische Strukturreformen im politischen System möglich sind“. Eine Entscheidung gegen den Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes würde die Spielräume für die Partei, aber auch die Gesellschaft etwa beim „sozialökologischen Umbau“ dauerhaft verengen.

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1 Kommentar

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  • Der gute Sebastian Schlüsselburg: "Eine Entscheidung gegen den Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes würde die Spielräume für die Partei, aber auch die Gesellschaft etwa beim „sozialökologischen Umbau“ dauerhaft verengen."

    Wenn der Staat anderen etwas wegnimmt und ihm weniger gibt, als es wert ist, engt es also die Gesellschaft ein.

    Man sieht, die Linke bleibt in der Tradition ihrer Vorgängerpartei.