Berliner Kultur probt Öffnung: Dem Virus etwas Kultur abtrotzen
Trotz Corona soll man jetzt doch wieder ins Theater und auf Konzerte gehen dürfen. Wenigstens testweise in einem Pilotprojekt.
D ie Welt ist kompliziert, und die Coronapandemie hat sie noch mal um einiges komplizierter gemacht – hoffentlich aber nur vorübergehend. Auf die harten Lockdown-Zeiten, die kulturorientierten Menschen oft nur die Auswahl zwischen Buch und Netflix (oder einem anderen Streamingdienst) ließen, folgt nun die feste Verbindung von Theater (oder Konzert) und Test.
Wie das konkret aussehen könnte, wollen Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und sieben Berliner Kulturinstitutionen noch im März ausprobieren. Am Donnerstag wurden die Details des Probelaufs bekannt.
Volksbühne, Philharmoniker, Staatsoper und vier weitere Häuser öffnen ab 19. März für eine einzelne Aufführung ihre Häuser fürs Publikum. Es gelten die üblichen Hygieneregeln, Maskenpflicht während der gesamten Aufführung, die Tickets gibt es ausschließlich personalisiert. Vor allem aber muss ein höchstens zwölf Stunden alter Coronaschnelltest vorgelegt werden. Dafür sollen sich die Kartenbesitzer*innen gleich nach dem Kauf bei einem der teilnehmenden Testcenter einen Termin am Tag der Aufführung geben lassen. Wer positiv getestet wird, kriegt immerhin den Ticketpreis zurück in die Isolation.
Spontan mal ins Theater – das ist damit natürlich noch nicht wieder drin. Und durch den Test, der nicht am Ort des Kulturgenusses gemacht wird, dürfte sich der Zeitaufwand für Kultur plus Vorspiel locker verdoppeln. Aber all jene, die diesen Aufwand auf sich nehmen, sind ja im klassischen Sinne Pionier*innen: Sie betreten unbekanntes Terrain, und die Erfahrungen aus diesen Erkundungen dürften für die nächsten Monate im kulturellen Frühling hilfreich sein. Etwa, wenn es darum geht, ob das dauerhafte Tragen einer medizinischen Maske in den gut belüfteten Räumen eingehalten wird beziehungsweise ob es überhaupt nötig ist. Oder ob nicht auch Selbsttests direkt vor Ort einsetzbar wären.
Die Optimist*innen unter uns könnten indes argumentieren, das Pilotprojekt sei überflüssig, und dabei auf aktuelle Bilder aus Israel verweisen, auf denen man ausgelassene Menschen dicht an dicht vor Kneipen sitzen sieht. Sprich: Wenn die Impfgeschwindigkeit endlich auch in Deutschland anzieht und die Frage der Übertragbarkeit des Virus bei Geimpften geklärt ist, könnten zumindest im Spätsommer Theater und Tests wieder zwei gänzlich verschiedene Dinge sein. Was ja auch schön wäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“