Berliner Hochhaus wächst und wächst: Ein Deal für den Alexanderplatz?
Statt 130 Meter wird das Hochhaus neben Galeria am Alexanderplatz nun fast 150 Meter hoch? Will der Senat damit das Warenhaus retten?
W as geht mich mein Geschwätz von gestern an. Sagt sich so beiläufig, wenn man seine Meinung geändert hat. Vielleicht hat sich der Wind gedreht. Oder das Geld ist knapp – und eine neue Entscheidung muss her.
Eine solche kommunikative Verrenkung hat Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) gar nicht mehr nötig. Er kassiert eine Entscheidung aus seinem Haus einfach, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Wie er das macht? Er macht einfach, aber er macht wenig Worte drum. Am besten gar keine. Dumm nur, wenn es dann doch irgendwie rauskommt.
Es geht um den Alexanderplatz. Um das Hochhaus, das Commerz Real an das Gebäude des Galeria-Warenhauses baut. 132 Meter hoch sollte es werden. So sieht es ein städtebaulicher Vertrag vor, den Gaeblers Verwaltung im April 2022 mit dem Investor (damals noch Signa) geschlossen hat. Nun stellt sich heraus, dass der Turm die Latte gerissen hat.
In einer Änderungsvereinbarung vom März ist plötzlich von einer Höhe von 142 Metern die Rede. Das schreibt die Senatsverwaltung für Wirtschaft in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Christoph Wapler und Julian Schwarze. Hat da also die eine SPD-Senatorin (Franziska Giffey) einen anderen SPD-Senator (Christian Gaebler) verpetzt?
Lustig wäre es ja und würde auch ganz gut zum Bild der SPD passen, in der die eine Hand nicht weiß, was die andere macht.
Kommunikativ ein Desaster
Gut möglich ist aber auch, dass sich beide die Hände gereicht haben. Was, wenn Gaebler dem Investor ein paar Stockwerke mehr genehmigt und der der Wirtschaftssenatorin entgegenkommt und ein paar Quadratmeter mehr am Warenhaus übrig lässt? Von 36.000 auf 12.000 Quadratmeter will Commerz Real Galeria schrumpfen. Oder gleich rausschmeißen.
Julia Schwarze hält einen solchen Deal im Gespräch mit der taz nicht für ausgeschlossen – auch wenn er im Zweifel nur schwer nachzuweisen sein würde.
Kommunikativ aber ist das für Gaebler ein Desaster. Auch wenn seine Verwaltung nun eine Art Flucht nach vorne antritt. Im Gespräch mit der Morgenpost räumt ein Sprecher ein, dass der Turm inzwischen sogar auf 146 Meter wachsen darf.
Dürfen Architekten in Berlin also einfach so drauflosbauen? Die Details regeln wir später?
Eher nicht. „Als wir mit dem Bau begonnen haben, haben wir die 142 Meter bereits als Grundlage genommen“, sagt Jan Kleihues, der Architekt des Hochhauses, der Morgenpost.
Das war im Januar 2024 und spricht eigentlich gegen einen Deal. Es sei denn, der Architekt zündet eine Nebelkerze und erklärt demnächst, dass ihn sein Geschwätz von gestern nichts mehr angehe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zur Landtagswahl Sachsen-Anhalt
Spitzenwert für Rechtsextreme
Israels Krieg in Gaza
Forscher sehen einen Genozid
Rechte für Transfrauen
Pack die Badehose wieder ein
Herbst der Reformen
Wenn jemand immer wieder Nein sagt
Stromnetzfinanzierung aus KTF
Schwarz-Rot plündert die Zukunft
Wir Boomer
Menno, habt Ihr’s gut!