Berliner Großflughafen: Eingeschränkt kreditwürdig
Noch nicht eröffnet und schon pleite? Der neue Berliner Großflughafen hat neben technischen offenbar auch finanzielle Probleme.
POTSDAM/BERLIN dapd | Die Debatte um mögliche Finanzierungsprobleme des künftigen Hauptstadtflughafens in Schönefeld hat neuen Zündstoff erhalten. So wird die Flughafengesellschaft FBB in einer Antwort der brandenburgischen Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage als eingeschränkt kreditwürdig dargestellt: „In der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur ist die FBB nicht in der Lage, zusätzliche Kredite zu aufzunehmen und zu bedienen“, heißt es dort.
Während die FBB und führende Aufsichtsratsmitglieder am Donnerstag zu beschwichtigen versuchten, sprach die Brandenburger CDU bereits von einer Insolvenz, die es abzuwenden gelte.
Der CDU-Abgeordneten Ludwig Burkardt, der die parlamentarische Anfrage gestellt hatte, sagte der Nachrichtenagentur dapd, seinen Informationen zufolge reiche der FBB das Geld noch bis November. Wenn der Flughafen dann von den Banken keine Kredite mehr bekomme, seien zusätzliche Steuergelder nötig, um eine Insolvenz zu vermeiden. Diese müssten allerdings von der Europäischen Union genehmigt werden, betonte Burkardt. Er könne sich vorstellen, dass die EU dann eine Privatisierung des Airports zur Bedingung mache.
Schätzungen zufolge wird der Flughafen-Neubau mindestens 4,2 Milliarden Euro statt der ursprünglich geplanten 2,8 Milliarden Euro kosten. Die Eröffnung im Juni 2012 war kurzfristig auf den 17. März 2013 verschoben worden.
Flughafen: Geld reicht noch bis Jahresende
Flughafensprecher Ralf Kunkel wies die Lesart der CDU als „überspitzt“ zurück. „Es gibt keinen Liquiditätsengpass bei der Flughafengesellschaft. An der Einschätzung, dass das Geld bis Jahresende reicht, hat sich nichts geändert“, sagte er. Auf der kommenden Aufsichtsratssitzung am 16. August werde erörtert, wie der Kapitalbedarf von 1,17 Milliarden Euro gedeckt werden könne.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der zugleich Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, sieht offenbar wenig Besorgnis wegen der Finanzierung. Das Thema sei nicht neu und werde jetzt „überinterpretiert“, sagte ein Sprecher Wowereits. Es gebe kein akutes Finanzproblem. Seit der Verschiebung der Eröffnung sei es klar gewesen, dass der alte Finanzrahmen aufgebraucht sein werde und erneuert werden müsste.
Gesellschafter gewährleisten Solvenz der FBB
Helmuth Markov, Brandenburgs linker Finanzminister und ebenfalls Aufsichtsratsmitglied bei der Flughafengesellschaft, verwies auf Kredite aus der Langzeitfinanzierung, die der FBB weiterhin zur Verfügung stünden. In der Antwort auf die parlamentarischen Anfrage seien lediglich darüber hinausgehende, zusätzliche Kredite gemeint, fügte eine Ministeriumssprecherin hinzu.
„Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft ist und bleibt sichergestellt“, sagte Markov. Die Solvenz der FBB würden die Gesellschafter gewährleisten – also Brandenburg, Berlin und der Bund.
Genau dies betrachten die Brandenburger Grünen als Problem. Dadurch drohten die Haushalte der beiden Länder und des Bundes in „Geiselhaft für das Versagen der privatrechtlich organisierten Flughafengesellschaft“ genommen zu werden, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Angesichts der Staatsverschuldung und der unausgeglichen Landeshaushalte sei dies eine völlig inakzeptable Situation.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?
Argentiniens Präsident Javier Milei
Schnell zum Italiener gemacht
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier