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Berliner GalerienDurch den violetten Vorhang

Beate Scheder empfiehlt eine Kunst-Hommage an Prince in der Galerie Noah Klink, comichafte Wesen bei Tobias Naehring und digitalen Art Basel-Ersatz.

Kayode Ojo, „At the End of the Day (Prince, Berlin)“, 2020, 80 x 60 x 30 cm (Detail) Foto: Courtesy the artist and Sweetwater, Berlin

V ioletten Regen hat Noah Klink zwar natürlich keinen organisieren können, aber immerhin tritt man seit vergangenem Samstag durch einen violetten Vorhang, um in seine Schöneberger Galerie zu gelangen. 62 wäre Prince Rogers Nelson, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Prince, am vergangenen Sonntag geworden. Für den Galeristen Anlass genug, dem 2016 verstorbenen Ausnahmemusiker eine Ausstellung zu widmen: „Love Sign“. Kuratiert hat Klink sie gemeinsam mit David Jenal.

Grundlage der Schau ist ein Fan-Archiv, gespeichert auf einem USB-Stick, 200 GB Ephemera, Bücher, Musik, Bilder, Videos, Raubkopien, die einst in Hamburg – so heißt es im Pressetext – von Hand zu Hand, von Fan zu Fan getauscht wurden und die auf diesem Weg auch in die Finger des Galeristen gelangten.

Vom Stick stammen unter anderem die schwarzweiß ausgedruckten und zusammengehefteten, absolut anachronistisch anmutenden Fanzines, die auf einem Tisch ausgebreitet ausliegen. Zu solchen Archivalien gesellen sich Arbeiten einer Reihe Künstler*innen, die sich auf die eine oder andere Art und Weise an die Facetten der schillernden Persönlichkeit von Prince anknüpfen lassen.

So etwa der Fall bei Kayode Ojo, der Assemblagen aus falschen Juwelen und anderem Tand wie zu kleinen Filmkulissen zusammenstellt. Glamouröse Fassaden sind es, die etwas zu verbergen scheinen, die Brüche dahinter, und auch ein Spiel mit Geschlechterrollen. „Contradiction for Men“ steht passenderweise auf dem Calvin-Klein-Parfumflacon. Auch die Aufnahme der mit Toilettenpapier kostümierten Künstlerin Kembra Pfahler von Colin de Land oder die hochhackigen Glitzerstiefel, gemalt von Gina Fischli, knüpfen an Prince’ para-queere Attitüde an.

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Wie nebenbei zeigt Klink mit „Love Sign“ übrigens auch, wie hervorragend sich eine analoge Ausstellung mit dem entsprechenden Onlineangebot verbinden lässt: Auf der Website der Galerie findet sich nicht nur Installationsansichten, sondern weiteres Prince-Material zum Nachschauen, Nachhören, Nachlesen – auch die digitalisierten Versionen der Fanzines – nach dem Besuch der Ausstellung, davor, aber bitte nicht stattdessen. Das wäre schade.

Gegensätze ziehen sich an

Mit „Purple Rain“ im Ohr gehen sich die paar Hundert Meter zu den Berliner Räume des Leipziger Galeristen Tobias Naehring quasi wie von selbst. Auch Naehring hat am Samstag eine neue Gruppenausstellung eröffnet. „All Things Call For Their Own Opposite“ versammelt Arbeiten von Timo Seber, Oskar Schmidt, Sarah Księska und Thomas Rentmeister.

Die Ausstellungen

Galerie Noah Klink

Kulmer Straße 17,bis 15. 8.,

Do.–Sa. 12–18 Uhr

Tobias Naehring

Blumenthalstraße 7,bis 22. 8., nach Vereinbarung,info@tobiasnaehring.de

taz plan im exil

Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.

Was die beiden Tanten Sebers, die einen beim Besuch der Galerie so herrlich auffordernd anblicken, wohl so im Schilde führten? Und wer sie da wohl fotografiert hat, in jenem Moment? Auch Seber, Jahrgang 1984, kann es nicht wissen. Die Aufnahme aus dem Familienalbum, die er groß aufgezogen und an die Wand gehängt hat, stammt aus den späten 1970er Jahren.

Dem Titel nach geht es in der Schau ja um Dinge, die sich gegenüber stehen, um Gegensätze. Wie ein Pingpong-Spiel funktioniert sie entsprechend, offensichtliche Verbindungslinien tun sich nicht auf, was jede Arbeit für sich umso mehr wirken lässt. Die surrealen Kompositionen Księskas zum Beispiel, gemalt auf patiniertem Aluminium. Eine von ihnen trägt „Eurostar“ als Titel und zeigt ein rätselhaftes, comichaftes Wesen mit fünfzackiger Sternenkrone, das bedröppelt herumlungert. Ob es aus der Europaflagge herausgepurzelt ist?

Statt Messen

Durcheinandergepurzelt ist in diesem Jahr auch im Kunstmarkt so einiges und das wird wohl noch länger so bleiben. Ebenfalls am Samstag verkündete die Art Basel, ihre auf den Herbst verschobene Ausgabe der diesjährigen Kunstmesse ganz ausfallen zu lassen. Keine Überraschung letztlich, für die Galerien eher eine Erleichterung. Stemmen können hätten wohl viele von ihnen weder Kosten noch Aufwand und finanziell gelohnt hätte sich eine Schrumpfversion sicherlich kaum. Online-Viewing-Rooms sind stattdessen vom 19. bis 26. Juni geöffnet.

Online Kunst anschauen und kaufen kann man freilich auch anderswo, schon seit Anfang Mai etwa auf BerlinViews, einer Plattform von und für Berliner Galerien, die sich auf diese Weise gegenseitig stützen wollen und den Standort Berlin sowieso. Mittlerweile geht das Projekt in die zweite Runde, mit neuen Künstler*innen im Fokus der jeweiligen Galerien.

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Beate Scheder
Kulturredakteurin
Redakteurin für Berlinkultur, freie Kulturjournalistin und Autorin. Kunstkolumnistin beim taz Plan.
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