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Berliner DebütfilmStilles Zucken in grünem Licht

Kommentar von Adrian Renner

American-Pie-Gags und Underground-Gehabe: "Berlin am Meer", das Kinodebüt von Wolfgang Eißler, sucht nach dem Lebensgefühl junger Hauptstadtbewohner.

Irgendwo gibt es ein Lebensgefühl - aber hören können wirs nicht. Jana Pallaske in: "Berlin am Meer" Bild: Warner

E s mag das Wissen sein, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, die richtigen Dinge zu tun, Erfahrungen zu machen, die trotz ihrer Einzigartigkeit von einer Gruppe von Menschen geteilt werden - oder es ist einfach ein Lied oder ein Wort, in dem zusammenfindet, was das schwammige Wort Lebensgefühl ausdrückt. Das ist zumindest der Weg, den Regisseur Wolfgang Eißler für eine Wohngemeinschaft voller Anfangzwanziger in seinem Erstlingsfilm "Berlin am Meer" gewählt hat.

Da sind Tom und Malte, zwei DJs, die zusammen Musik machen und vom großen Erfolg träumen, Mitsch, der ohne das Wissen seiner Eltern sein Studium geschmissen hat, Margarete, die immerhin noch irgend was studiert, und dann eines Tages auch Mavie, Mitschs Schwester aus München, die für ein Praktikum in die WG gezogen ist.

Das Lied, das diesen ganzen Berliner Sommer, den die Freunde gemeinsam erleben, zusammenfasst, läuft dann in der letzten Szene des Films. Zu Contrivas "I can wait" stehen Tom und Mavie im Berliner Hauptbahnhof; sie haben lange gebraucht, um sich ihre Liebe einzugestehen, haben zusammen mit den Mitbewohnern nächtelang durchgefeiert, getrunken und getanzt, und jetzt fährt Mavie wieder zurück nach München.

Es könnte ein sympathischer, melancholischer Kinoaugenblick sein, Robert Stadlober und Anna Brüggemann sind in ihrem jugendlichen Ernst ganz hübsch anzuschauen, aber dann ertränkt Robert Eißler den Moment in ziemlich krawalligem Klamauk - wie so oft im Film. Das Privileg dieser Studentenjahre mag ja sein, ernste Dinge (Arbeit, Geld, Zukunft) vernachlässigen zu können, dafür Nebensächlichkeiten (Partys, Liebe, Musik) wichtig zu nehmen. Aber Eißler verwechselt in seinem Film diese Unbeschwertheit mit Albernheit.

In der Schlussszene können sich Tom und Mavie im Wirrwarr des Hauptbahnhofs einfach nicht finden, dann fliegt ein Kaffeebecher über zwei Etagen von Toms Hand in Mavies, aufwärts, versteht sich, während zeitgleich Toms Freunde in das Auto der Antipathieträger des Films, Mavies Praktikumskollegen, krachen.

Einmal sitzt Tom nachts ganz verzweifelt auf einem Kinderspielplatz und schaut zum Vollmond hinauf, der dann in Scherben zerbricht und vom Himmel fällt - als traue Eißler der eigenen Inszenierung nicht, als könne Stadlober allein die Szene nicht tragen. Lieber setzt Eißler auf ein vages Berlin-Bild und ein vages Berlin-Gefühl aus Hipstertum, Partys, Musik, zu dessen Untergrund-Subkultur-Gestus die ganzen American-Pie-Gags einfach nicht recht passen wollen - genausowenig wie zur zumindest ansatzweise subtil erzählten Liebes- und Lebensgeschichte Toms.

Sicher, Eißler hat ein Feel-Good-Movie drehen wollen (und es gibt auch ganz wunderbare Feel-Good-Momente, etwa als Tom nach einer Prügelei blutüberströmt in die WG-kommt und erstmal alle vom Abendessen stehengebliebenen Töpfe nach etwas Essbarem durchsucht), aber Feel-Good bedeutet eben doch mehr als nur eine konstante Gagfrequenz.

In einer Szene sieht man Tom und Malte, wie sie in einem Club auflegen, eine kleine Gruppe Leute tanzt dazu, sie tragen alle Kopfhörer, auf der Leinwand sieht man nur die still im grünen Laserlicht zuckenden Körper. So ist das mit "Berlin am Meer": Irgendwo gibt es ein Lebensgefühl, aber hören können wir es nicht.

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