Berliner Behörde verbietet Aufmarsch: Schlappe für Rechtsextreme
Ausgerechnet am 9. November wollten Rechtsextreme durch Berlin ziehen. Dagegen protestierten zahlreiche Organisationen – jetzt wurde der Aufmarsch verboten
Nach tagelangem Protest hat die Versammlungsbehörde den für Freitag angekündigten rechtsextremen Aufmarsch verboten. Wie die Innenverwaltung am Mittwochnachmittag mitteilte, ist das Verbot mit einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung begründet und gilt auch für alle Ersatzveranstaltungen des Anmelders am 9. November.
„Wir dürfen offenen Rechtsextremismus unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit nicht länger tolerieren“, teilte Innensenator Andreas Geisel (SPD) zu dem Verbot mit. Demokratie müsse und könne zwar eine Menge aushalten, „unsere Demokratie muss sich aber nicht alles gefallen lassen“.
Das rechtsextreme Bündnis „Wir für Deutschland“ wollte am Freitag, dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, einen „Trauermarsch für die Toten von Politik“ durchführen. „Nach Ansicht der Versammlungsbehörde handelt es sich hierbei um eine gezielte Provokation gegen den Gedenktag“, begründet Martin Pallgen, Sprecher der Innenverwaltung, das Verbot gegenüber der taz. Die Demonstration würde „in eklatanter Weise den Sinn und moralisch-ethischen Stellenwert dieses Gedenktages negieren“, heißt es in der Begründung der Behörde.
Man habe sich mit der Entscheidung nicht leichtgetan: „Demonstrationen werden nicht mal eben so per Handstreich verboten“, so Pallgen. In diesem Fall sei aber deutlich geworden, dass die Demonstration lediglich ein Deckmantel sei, mit dem die gegen den Gedenktag gerichteten Absichten des Anmelders verschleiert werden sollten. „Wir für Deutschland“ erklärte per Twitter, juristisch gegen das Verbot vorgehen zu wollen.
Mehrere Organisationen und Initiativen hatten in den letzten Tagen ein Verbot des Aufmarschs gefordert. Jutta Weduwen, Geschäftsführerin der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, die in der letzten Woche einen offenen Brief mit dieser Forderung initiiert hatte, zeigte sich am Mittwoch erleichtert über das Verbot: „Wir sind sehr froh über die Entscheidung und zufrieden damit, dass der Druck offenbar Erfolg hatte.“
Das Berliner Bündnis gegen Rechts, das den Gegenprotest für Freitag organisiert hatte, zeigte sich am Mittwoch ebenfalls zufrieden: „Es ist gut, dass da jetzt ein solches Signal aus dem Senat kommt“, so Sprecher David Kiefer. Allerdings sei mit juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen. Das Bündnis werde deswegen zunächst an den geplanten Gegenveranstaltungen festhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“