Berlin übernimmt neue Coronaregeln: Müller schwört auf Durchhalten ein

Der Senat beschließt die von den Ministerpräsidenten vereinbarten Regelungen. Die OP-Maske ist ab Sonntag Pflicht im ÖPNV und beim Einkaufen.

Das Foto zeigt den Regierenden Bürgermeister Michael Müller und seine Stellvertteter auf dem weg zur Pressekonferenz, anders als früher mit einer FFP2- statt einer Stoffmaske

Nicht länger mit Stoffmaske: Regierungschef Müller und seine Vizes auf dem Weg zur Pressekonferenz Foto: dpa

BERLIN taz | Schon der Einzug der drei ist ein Zeichen: Vorbei ist die Zeit der bunten Coronamasken, weg ist der leuchtend rot-gelbe Schutzstoff mit dem „ASAP“-Aufdruck, den Kultursenator Klaus Lederer von der Linkspartei so oft über Mund und Nase getragen hat. Mit FFP2-Masken kommen er, der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) in den Pressesaal im Roten Rathaus, wie um die Botschaft zu unterstreichen, die wenig später aus ihrem Mund zu hören ist: Berlin übernimmt die bundesweit verabredeten neuen Coronaregelungen mit verschärfter Maskenpflicht komplett, womit sich auch in der Hauptstadt der Lockdown bis zum 14. Februar verlängert.

Es ist vor allem für Müller keine leichte Aufgabe, die nochmalige Verlängerung zu erklären. Vor 14 Tagen erst hat er an gleicher Stelle gesessen, Verständnis für blank liegende Nerven gezeigt und zu einer nochmaligen Anstrengungen aufgerufen – „das sind jetzt nochmal drei wirklich harte Wochen, die vor uns liegen“, sagte Müller damals. Nun sind es mindestens nochmal zwei weitere. Der Regierungschef wählt dafür eine Mischung aus Lob für das Erreichte und Sensibilisierung für neue Gefahren: Die Ansteckungszahlen seien „in großen Schritten nach unten gegangen“, aber es gebe eben jetzt die neue Virusmutation, von der Wissenschaftler sagen würden, man müsse sie sehr ernst nehmen.

Müller beschwört die Möglichkeit, auch damit klar zu kommen: Setze man die aus seiner Sicht funktionierenden Maßnahmen fort, habe man „alle Chancen“, eine Eskalation wie in Irland oder Großbritannien zu verhindern. „Das ist ein harter Weg, der aber auch Erfolg zeigt.“ Und er lohne sich: „Mit jedem einzelnen Tag, an dem es gelingt, die Infektionszahl zu senken, werden Leben gerettet.“

Viel bleibt Lederer und Pop, seinen beiden Stellvertretern, nicht mehr zu ergänzen. Es klinge gelegentlich in Medienkommentaren an, die Politik habe neue Lust am Autoritären entwickelt, sagt die grünen Vize-Regierungschefin – „glauben Sie mir, es macht niemandem hier Spaß.“ Lederer zeigt sich erleichtert, dass nach langem Drängeln offenbar endlich auch Hilfsgelder für Solo-Selbstständige und Freiberufler auf dem Weg sind – und hofft, dass sich nicht noch im Kleingedruckten der neuen Beschlüsse weitere Hindernisse dafür finden.

Genaue Regeln zum Homeoffice noch offen

Wie Berlin die Vorgaben zum Homeoffice genau umsetzt, soll sich erst in den nächsten Tagen klären und in der kommenden Senatssitzung beschlossen werden. Das ist laut Müller kein Problem, weil die entsprechenden bundesweiten Regeln ohnehin erst ab Mittwoch nächster Woche gelten würden. Arbeitgeber, die Präsenz erzwingen, sei etwas, „was wir jetzt nicht gebrauchen können“, sagte Lederer. „Das hat nichts mit Gängelei der Wirtschaft zu tun.“

Berlins CDU-Vorsitzender Kai Wegner, dessen Partei in den Umfragen zur Abgeordnetenhauswahl im Herbst vorne liegt, hatte schon vor der Senatssitzung eine komplette Übernahme dessen gefordert, was die 16 Ministerpräsidenten inklusive Müller am Dienstag mit der Bundeskanzlerin verabredet hatten. Mit Blick auf die verschärfte Maskenpflicht forderte er: „Der Senat muss auch die Umsetzbarkeit für die Berlinerinnen und Berliner gewährleisten.“

Das sichern Müller und seine beiden Vizes am Abend tatsächlich zu – und machen dabei nicht den Eindruck, dass es dafür die Aufforderung durch Wegner brauchte. Im Kern sollen offenbar, wie im Frühjahr, in den Rathäusern der Bezirke Masken an Menschen mit wenig Geld ausgegeben werden. Wer die ab Sonntag geltende Vorschrift zur OP-Maske in Bus und Bahn und beim Einkaufen ignoriert, soll ein Bußgeld zahlen müssen, dessen Höhe Müller in der Pressekonferenz nicht zu benennen vermag.

Der Regierungschef verweist zudem darauf, dass die OP-Masken problemlos auch in großen Stückzahlen zu bekommen seien und jeweils nur 20 Cent kosten würden, was aus seiner Sicht mit einem normalen Einkommen zu stemmen ist. Die vor den Beschlüssen vom Dienstag ebenfalls als Pflicht diskutierte FFP2-Maske hätte ein Vielfaches davon gekostet. Laut Müller haben „alle Experten“ den Ministerpräsidenten versichert, dass die OP-Masken „einen sehr guten Schutz“ darstellen, besser als die Stoffmasken.

Alle Schulen bleiben dicht

Die Schulen sollen in Berlin durchweg mindestens bis zum 7. Februar geschlossen bleiben und damit vor den Winterferien in der übernächsten Woche nicht mehr öffnen. Erst für die Zeit danach hält Müller Überlegungen zu einer Öffnung für die Abschlussklassen für möglich. Nach der von Ministerpräsidenten und Kanzlerin vereinbarten Regelung sollen Schulen zwar bundesweit bis zum 14. Februar geschlossen bleiben – jedes Land kann aber selbst entscheiden, Abschlussjahrgänge schon früher in die Schulen zum sogenannten Präsenzunterricht zurück zu holen. Müller macht klar, dass Berlin anders als einige andere Länder diese Möglichkeit nicht nutzen wird: „Ich sehe das für uns in den nächsten 14 Tagen nicht.“

Als die Pressekonferenz nach einer Dreiviertelstunde um kurz nach sechs vorüber ist, wirkt es so, als habe seine Stellvertreterin Pop währenddessen neben ihm auf heißen Kohlen gesessen. „Dann können wir jetzt alle CNN gucken“, sagt sie zur Verabschiedung – dort, wie auch in der ARD, ist zeitgleich die Amtseinführung des neuen US-Präsidenten in Washington zu sehen. Ein Stück der Rede von Joe Biden kann sie so noch live mitbekommen und sich in der Fortsetzung des Lockdowns bestätigt fühlen: Denn Biden unterbricht seine Rede zum Ende hin mit der Bitte um ein stilles Gebet – für die bisher 400.000 Coronatoten in den USA.

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