Berlin kündigt Luca-App: Endlich ausgeloggt
Der Vertrag mit der Nachverfolgungsapp wird beendet – allerdings nicht wegen der vielen Probleme. Der Senat vermeidet damit eine unangenehme Debatte.

Ausgescannt: Berlin schafft die Luca-App wieder ab Foto: dpa
Jedes Ding mag seine Zeit haben. Und so ist mit dem Ende der Kontaktnachverfolgung das vom Senat am Dienstag verkündete Aus für die Luca-App nur folgerichtig: Das Land kündigt den Vertrag mit der Berliner Betreiberfirma, für den es seit März 2021 rund 1,2 Millionen Euro bezahlt hat.
Es ist allerdings purer Zufall, dass Ursache und Wirkung am gleichen Tag verkündet wurden: Der Senat umschifft damit sehr elegant eine für ihn peinliche Debatte. Denn gegen die Nutzung der Luca-App sprachen schon lange eine ganze Reihe von Gründen.
Die App war im März 2021 vom damaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Alleingang gekauft worden – viele andere Ministerpräsident*innen folgten ihm. Die Politik wollte zwischen zweiter und dritter Coronawelle mittels Technik Restaurants, Kultureinrichtungen, Sportanlagen etc. wieder öffnen. Der für rund 70 Millionen Euro entwickelten Corona-Warn-App des Bundes fehlten damals entsprechende Möglichkeiten zur Kontaktnachverfolgung.
In diese Lücke drängte eine Reihe von App-Entwickler*innen; aber niemand vermarktete sich besser als das Berliner Start-Up Culture4life, das von der HipHop-Gruppe Die fantastischen Vier beworben wurde. Datenschutz – ein zentrales Argument bei der Entwicklung der Corona-Warn-App – spielte bei Luca indes eine Nebenrolle.
Doch die massiven Bedenken unter anderem der Berliner Datenschutzbeauftragten wurden vom Senat weggelächelt. Tatsächlich konnte culture4life nicht alle aufgezeigten Probleme beheben – bis heute. Diese Ignoranz der Politik gegenüber dem Datenschutz lässt für die Digitalisierung Schlimmstes erwarten.
Keine Erwartungen, keine Ergebnisse
Dabei war der Datenschutz, wie sich längst herausgestellt hat, gar nicht das größte Problem. Luca sollte durch direkte Koppelung mit den Gesundheitsämtern eine schnelle Kontaktnachverfolgung möglich machen, etwa von Menschen, die gleichzeitig mit einer Infizierten im selben Laden eingekauft haben. Doch viele Gesundheitsämter – darunter etwa das von Friedrichshain-Kreuzberg – hatten keine großen Erwartungen an Luca und wurden deswegen letztlich nicht enttäuscht, dass die App nur in wenigen Fällen hilfreich war und überwiegend unnötige Datenhalden anhäufte.
Der Schaden für die Politik ist umso größer: Trotz Bedenken von vielerlei Seiten wurde etwas gekauft, das weitgehend nutzlos war. Es wurde also, im klassischen Sinne, Geld verschwendet. Bundesweit hat culture4life von den Ländern etwa 21 Millionen Euro kassiert. Das sollte man im Gedächtnis behalten, wenn man die App nun vom Handy löscht.
Berlin kündigt Luca-App: Endlich ausgeloggt
Der Vertrag mit der Nachverfolgungsapp wird beendet – allerdings nicht wegen der vielen Probleme. Der Senat vermeidet damit eine unangenehme Debatte.
Ausgescannt: Berlin schafft die Luca-App wieder ab Foto: dpa
Jedes Ding mag seine Zeit haben. Und so ist mit dem Ende der Kontaktnachverfolgung das vom Senat am Dienstag verkündete Aus für die Luca-App nur folgerichtig: Das Land kündigt den Vertrag mit der Berliner Betreiberfirma, für den es seit März 2021 rund 1,2 Millionen Euro bezahlt hat.
Es ist allerdings purer Zufall, dass Ursache und Wirkung am gleichen Tag verkündet wurden: Der Senat umschifft damit sehr elegant eine für ihn peinliche Debatte. Denn gegen die Nutzung der Luca-App sprachen schon lange eine ganze Reihe von Gründen.
Die App war im März 2021 vom damaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Alleingang gekauft worden – viele andere Ministerpräsident*innen folgten ihm. Die Politik wollte zwischen zweiter und dritter Coronawelle mittels Technik Restaurants, Kultureinrichtungen, Sportanlagen etc. wieder öffnen. Der für rund 70 Millionen Euro entwickelten Corona-Warn-App des Bundes fehlten damals entsprechende Möglichkeiten zur Kontaktnachverfolgung.
In diese Lücke drängte eine Reihe von App-Entwickler*innen; aber niemand vermarktete sich besser als das Berliner Start-Up Culture4life, das von der HipHop-Gruppe Die fantastischen Vier beworben wurde. Datenschutz – ein zentrales Argument bei der Entwicklung der Corona-Warn-App – spielte bei Luca indes eine Nebenrolle.
Doch die massiven Bedenken unter anderem der Berliner Datenschutzbeauftragten wurden vom Senat weggelächelt. Tatsächlich konnte culture4life nicht alle aufgezeigten Probleme beheben – bis heute. Diese Ignoranz der Politik gegenüber dem Datenschutz lässt für die Digitalisierung Schlimmstes erwarten.
Keine Erwartungen, keine Ergebnisse
Dabei war der Datenschutz, wie sich längst herausgestellt hat, gar nicht das größte Problem. Luca sollte durch direkte Koppelung mit den Gesundheitsämtern eine schnelle Kontaktnachverfolgung möglich machen, etwa von Menschen, die gleichzeitig mit einer Infizierten im selben Laden eingekauft haben. Doch viele Gesundheitsämter – darunter etwa das von Friedrichshain-Kreuzberg – hatten keine großen Erwartungen an Luca und wurden deswegen letztlich nicht enttäuscht, dass die App nur in wenigen Fällen hilfreich war und überwiegend unnötige Datenhalden anhäufte.
Der Schaden für die Politik ist umso größer: Trotz Bedenken von vielerlei Seiten wurde etwas gekauft, das weitgehend nutzlos war. Es wurde also, im klassischen Sinne, Geld verschwendet. Bundesweit hat culture4life von den Ländern etwa 21 Millionen Euro kassiert. Das sollte man im Gedächtnis behalten, wenn man die App nun vom Handy löscht.
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Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Kommentar von
Bert Schulz
Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, ist Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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