ampel aus: Berlin en rouge
Nur Polit-Optimisten hatten noch an sie geglaubt, die Ménage a trois von SPD, Grünen und FDP. Nun ist das rot-gelb-grüne Lichtsignal nach krisenhaftem Flackern endgültig erloschen. Zu unterschiedlich ist die Sparphilosophie von Grünen und FDP. Beide Parteien haben aber eher gewonnen als verloren. Die Liberalen können mit Privatisierungsszenarien – die sie dann nicht verantworten müssen – auf der Oppositionsbank werben. Und die Ökopartei kann ihrem Namen wieder alle Ehre machen. Sie ist zwar gegenüber den Westalliierten in Afghanistan, nicht aber gegenüber der Westtangente in Schöneberg eingeknickt.
Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF
Gewonnen hat vor allem Berlin. Wie von der SPD nach den Wahlen eigentlich anvisiert, werden nun die Gespräche mit der PDS beginnen. Die bringt in die Polit-Allianz mit der eher schwachbrüstigen SPD eine flächendeckende Mehrheit in Ostberlin ein. Mit Rot-Rot hat die Stadtpolitik die Chance, die Bürger östlich des Alex zu integrieren. Nur wer an der Berliner Mangelverwaltung teil hat, ist bereit, die viel zitierten bitteren Spar-Pillen hinterher auch zu schlucken. Dabei wird selbst die PDS zu unpopulären Rezepten greifen müssen. Kein Umstand dürfte daher geeigneter sein, einerseits die PDS zu entmystifizieren und andererseits die Ostberliner in die Verantwortung mit einzubinden. Natürlich ist der Preis, den die SPD für das Jawort der Sozialisten zahlen muss, nach dem Scheitern der Ampel erheblich gestiegen. Dennoch wird sich die Gysi-Partei nicht lange zieren. Wenn sie mit Blick auf die Bundestagswahl 2002 beweisen möchte, dass sie eine echte linke Alternative ist, wird sie ein für die SPD erfreulich pflegeleichter Koalitionspartner sein.
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