Bericht der Europäischen Umweltagentur: Zustand des Wassers in Europa ist alarmierend
Die Europäische Umweltagentur warnt vor Wasserknappheit, denn der Zustand des Wassers ist schlecht. In Deutschland ist die Situation teilweise besser.
Es steht schlecht um das Wasser in Europa. So lautet die Quintessenz eines Berichts zum Zustand von Europas Flüssen, Seen, Grund- und Küstengewässer, den die Europäische Umweltagentur (EUA) am Dienstag vorstellte.
Darin haben die Autor*innen Daten aus den EU-Mitgliedsländern und Norwegen zur Qualität und Verfügbarkeit des Wassers untersucht. Demnach befinden sich weit weniger als die Hälfte des europäischen Oberflächenwassers in einem guten Zustand. Dem Grundwasser geht es besser: 77 Prozent hat bei der Erhebung zwischen 2015 und 2021 einen guten chemischen Zustand erreicht. Auch gibt es laut Bericht genug davon.
EUA-Direktorin Leena Ylä-Mononen sieht die sichere Wasserversorgung in Europa trotzdem bedroht, denn viele Länder beziehen ihr Trinkwasser aus Oberflächenwasser, zum Beispiel durch Uferfiltration. Die EU müsse ihre Anstrengungen um die Gesundheit des Wassers daher verdoppeln, mahnt Ylä-Mononen.
In Deutschland sei die Wasserversorgung im europäischen Vergleich zwar nicht sonderlich gefährdet, dennoch müsse weiter mit Nachdruck die Qualität verbessert werden, sagt Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschuung der taz. „Die nach wie vor zu hohen Nähr- und Schadstoffbelastungen sind ein wesentlicher Grund dafür, dass sich viele Flüsse, Seen und die Küste hierzulande nur in einem mäßigen oder schlechten ökologischen Zustand befinden.“ Nicht zuletzt aus diesem Grund beziehe Deutschland schon lange den Großteil des Trinkwassers aus dem Grundwasser. Doch auch hier ist die Lage problematisch: Zwar sei das Grundwasser aktuell in den meisten Regionen in ausreichendem Maß vorhanden, doch gut ein Drittel in keinem guten chemischen Zustand.
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Den größten Faktor bei der Grundwasserbelastung stelle, so Borchardt, die Landwirtschaft dar, beispielsweise durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Auch die EUA bezeichnet die Agrarwirtschaft in ihrem Bericht als größten Belastungsfaktor für Oberflächen- und Grundwasser. Sie verbrauche außerdem den Hauptanteil des Wassers in Europa. Gerade in diesem Sektor müsste also eine Veränderung stattfinden, „vor allem, wenn die Landwirtschaft unter den Bedingungen des Klimawandels weiter bestehen will“, so Borchardt. Dieses Bewusstsein sei in vielen Betrieben Deutschlands bereits eingekehrt.
Auch Maximilian Zinnbauer vom bundeseigenen Thünen Agrarforschungsinstitut nimmt eine positive Trendwende in der Landwirtschaft wahr. „In den letzten zehn Jahren hat sich der Düngemitteleinsatz um mehr als 30 Prozent reduziert“, so Zinnbauer. „Bis sich das auch in der Wasserqualität zeigt, müssen wir uns aber noch gedulden“.
Da die Wasserversorgung aber durch den Klimawandel ohnehin zunehmend mit erschwerten Bedingungen konfrontiert werde und auf nutzbares Grundwasser angewiesen sei, müsse zur Verbesserung der Qualität schneller mehr geschehen, meint Borchardt. Er betont, obwohl die Landwirtschaft dabei den wichtigsten Faktor darstelle, müssten sich darum unterschiedliche Sektoren gemeinschaftlich kümmern. Einen vielversprechenden Ansatz sieht er in der Nationalen Wasserstrategie, die das Bundeskabinett 2023 beschlossen hat. „Darin finden sich alle konzeptionellen Grundlagen, um den Zustand des Wassers und der Gewässer in Deutschland zu verbessern. Jetzt müssen wir die dringend auch umsetzen.“
Noch dringlicher ist der Handlungsappell der EUA: Die EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt eigentlich vor, dass bis 2027 Oberflächen- und Grundwasser einen guten Zustand erreicht haben müssen. Geht es weiter wie bisher, wird dieses Ziel laut EUA nicht erreicht.
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