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Berateraffäre um von der LeyenGrünen-Politiker stellt Strafanzeige

Ein Untersuchungsausschuss soll die Berateraffäre im Verteidigungsministerium aufklären. Wegen gelöschter Handydaten wählt Tobias Lindner juristische Mittel.

Das Diensthandy der Ex-Verteidigungsministerin ist im August 2019 komplett bereinigt worden Foto: reuters

Berlin dpa | Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner hat Strafanzeige wegen der Daten-Löschung auf einem Diensthandy von Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestellt. Er habe die Anzeige am Freitag der Staatsanwaltschaft Berlin übermittelt, sagte Lindner am Samstag der dpa, nachdem der Spiegel darüber berichtet hatte. Dabei gehe es unter anderem um den Verdacht der Urkundenunterdrückung nach Paragraf 274 des Strafgesetzbuchs. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wusste am Samstag zunächst noch nichts über den Eingang der Anzeige.

Hintergrund ist die sogenannte Berateraffäre. Unter von der Leyen hatte das Ministerium Aufträge an externe Beratungsfirmen vergeben, mit denen sich seit Monaten ein Untersuchungsausschusses des Bundestags befasst. Es stehen Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft im Raum. Im Zuge der Aufklärung sollte auch das besagte Handy der Ex-Ministerin und heutigen EU-Kommissionschefin ausgewertet werden. Von der Leyen war im Juli von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als Verteidigungsministerin abgelöst worden, um dann nach Brüssel zu wechseln.

Das Ministerium hatte bestätigt, dass die Handydaten gelöscht wurden. Grund war nach Angaben eines Sprechers ein „Sicherheitsvorkommnis“. Danach habe die CDU-Politikerin ein neues Handy bekommen. Im Januar hatte ein großangelegter Datenklau Politiker in ganz Deutschland aufgeschreckt. Auf einem Twitter-Konto waren persönliche Daten und Telefonnummern von Hunderten Prominenten veröffentlicht worden. Betroffen war auch von der Leyen.

Lindner, der selbst Mitglied des Untersuchungsausschusses ist, spricht von der Vernichtung von Beweismitteln. „Entweder herrscht im Verteidigungsministerium das totale Chaos, oder man will die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen“, sagte er am Samstag. „Wenn im Januar 2019 wirklich ein Sicherheitsproblem mit dem Gerät bestanden hätte, ist es unerklärlich, wieso es weiterhin bei der Ministerin verblieb und erst im August gelöscht wurde.“

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9 Kommentare

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  • Diese Anzeige geht aus wie das Hornberger Schießen, viel Qualm und nichts getroffen. 1. VdL genießt Immunität - 2. VdL ist die höchste Beamtin der EU - 3. VdL ist CDU-Mitglied - 4. noch Fragen ?

  • Jede Behörde ist verpflichtet, ihr Verwaltungshandeln, insbesondere Vergabeverfahren, nachvollziehbar und rechtssicher zu dokumentieren.



    Gilt das für das Ministerium nicht?



    Wenn Verwaltungshandeln (so heißt das rechtlich nunmal) per Handy erfolgt, muss das auch rechtssicher, im Zweifel durch regelmäßige Datensicherung außerhalb des Geräts, dokumentiert werden.



    Wo sind wir denn? Offensichtlich in einer Bananenrepublik.



    Mit Rechtsstaat hat das nämlich so gar nichts mehr zu tun, wenn Behörden (auch nachweislich das Verkehrsministerium) willkürlich entscheiden, welche Daten sie dokumentieren und im Zweifel zur Dokumentation ihres Verwaltungshandelns zur Verfügung stellen!

  • Meine Prognose: es geht aus wie immer. Keine PolitikerIn wird für seine/ihre Taten juristisch belangt. Wie schon Kohl nicht, Strauss nicht, Lambsdorff nicht, Schauer wird es auch nicht werden.

  • Das wird mal wieder so ein Lackmus-Test für unsere Justiz…



    Bin gespannt, was (oder ob) die Judikative dieser vdL noch so alles durchgehen lässt … "versandet" wahrscheinlich wieder.

  • Ließen sich da nicht Daten abfragen, an welche anderen Endgeräte Daten übertragen wurden? Vielleicht kann man ja auf den Zielgeräten noch Beweise sichern

    • @Reyde Lanada:

      Vorratsdatenspeicherung ist nur für Normalbürger.

  • taz: "Das Ministerium hatte bestätigt, dass die Handydaten gelöscht wurden. Grund war nach Angaben eines Sprechers ein „Sicherheitsvorkommnis“. Danach habe die CDU-Politikerin ein neues Handy bekommen."

    Da hat man wohl ein „Sicherheitsvorkommnis“ zum Anlass genommen um sensible Daten ins Nirwana schicken zu können. Aber nett, dass Frau von der Leyen danach sofort ein "sauberes Handy" bekommen hat.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Ricky-13:

      Eigentlich könnte Frau Von der Leyen den Ausschuß bei ihrer Vorladung aus dem Gedächtnis aufklären.



      Hoffentlich ist das nicht aus Versehen gleich mitgelöscht worden.

  • 0G
    07324 (Profil gelöscht)

    Diese Argumentation ist doch leicht zu überprüfen. Wurden alle damals betroffenen Geräte im August ausgetauscht und gelöscht? Bzw. wie wurden die anderen Geräte behandelt?