piwik no script img

Benannte Hasen und andere Identitätskrisen

■ Der Bremer Autor Jochen Bonz hat im intelligenten Plauderton Pop-Interviews und Analytisches montiert: Meinecke Mayer Musik erzählt – gelesen wird im Vorwerk

„Wirklich niemand zwingt einen dazu, Bücher zu schreiben“, schreibt der in Bremen lebende Jochen Bonz – in einem Buch. Es heißt Meinecke Mayer Musik erzählt und ist gerade erschienen. Weiter schreibt er darin, daß es die Beantwortung der Frage „Über was schreibst du?“ sei, zu der ein Autor gezwungen sei. Daß diese Frage im Falle von Meinecke Mayer Musik erzählt nicht so leicht zu beantworten ist, hat zweierlei Gründe. Der eine ist, daß Jochen Bonz in seinem ersten Buch möglichst viel gleichzeitig von dem unterbringen will, was ihn als einen Endzwanziger interessiert, der sowohl an der Uni Kulturwissenschaft studiert hat als auch über Popmusik schreibt (u.a. im Musikmagazin Intro und gelegentlich im überregionalen Teil dieser Zeitung). Deshalb montiert er Interviews mit Analytischem, referiert er, beschreibt er, zitiert er.

Der zweite Grund, warum es schwierig ist, zu sagen, worum es in diesem Buch geht, ist, daß es genau darum geht: um Benennungen, die Identitäten von Menschen und auch ihre kulturellen Äußerungen festschreiben.

Ausgehend davon, daß Popmusik heute zumeist zitathaft aufgebaut ist und diese Zitate von etwas erzählen, stellt Bonz einen Generationenunterschied fest. Er unterscheidet zwischen den von ihm so genannten „72er/82ern“ wie Diedrich Diederichsen oder dem stellvertretend interviewten Musiker und Schriftsteller Thomas Meinecke mit ihrem Bedürfnis nach Bestimmung von Herkunft und Sinn der Zitate und jüngeren Popschaffenden wie Bernd Harwich von den Merricks oder Michael Mayer von Forever Sweet, die Musikgeschichte durch persönliche Geschichte gefiltert als unscharf erinnertes Zitat weitergeben.

Daß sich das in Meinecke Mayer Musik erzählt nun gerade nicht trocken liest, ist die große Stärke des Buches: Hier wird fast im Plauderton theoretisiert, ohne daß dadurch Aussagen an Ernst verlieren würden. Denn weil Jochen Bonz soviel Vergnügen an Pop und Gedanken über Pop hat, will er mehr darüber erfahren. Weil er ein freundlicher Mensch ist, erzählt er uns das Erfahrene. Und nach wem er einmal einen Hasen benannt hat. Schön, daß er darüber ein Buch geschrieben hat. Felix Bayer

Jochen Bonz: „Meinecke Mayer Musik erzählt“, Intro-Verlag, Osnabrück 1998, 126 Seiten, 23 Mark.

Lesung: Sonntag, 6. September, 14 Uhr, Vorwerkstift (Vorwerkstr. 21). Ab 12 Uhr legt Ulf T. Platten zum Buch auf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen