Benachteiligung im US-Frauenbasketball: Up Where We Belong
Die Frauenbasketball-Profis der Los Angeles Sparks mussten auf dem Flughafen übernachten. Bei den Männern der NBA wäre das undenkbar.
A uf Flughäfen geht es dieser Tage bekanntlich ziemlich chaotisch zu. Es gibt zu wenig Bodenpersonal und das vorhandene streikt, Flüge fallen aus. Aber nicht nur Touristen verzweifeln gerade am Luftverkehr. Auch Menschen, die ihr Geld damit verdienen, für sportliche Zwecke umherzureisen, sitzen fest.
So geschah es jedenfalls am vergangenen Wochenende den Spielerinnen der Los Angeles Sparks. Nneka Ogwumike, die Starspielerin des Basketball-Klubs, postete ein Video, in dem sie zu sehen ist, wie sie durch den Flughafen von Washington wandert und feststellt: „Es ist jetzt 1.44 Uhr in der Nacht, die Hälfte von uns ist im Hotel, aber die andere Hälfte muss im Flughafen schlafen.“
Die Sparks wollten am Sonntag nach ihrem 79:76-Sieg bei den Washington Mystics nach Hause fliegen. Doch der Flug wurde mehrere Male verschoben und nach Mitternacht schließlich ganz gecancelt. Ein Teil des Teams kam in einem nahe gelegenen Hotel unter, der Rest wollte nicht ewig hin und her fahren und blieb lieber gleich am Flughafen, um morgens den Rückflug nicht zu verpassen.
Kann ja mal passieren, könnte man jetzt denken. Das aber dachte Nneka Ogwumike nicht: „Sowas ist mir in meinen elf Jahren in der WNBA noch nicht passiert“, sagte die US-Nationalspielerin in ihrem Video, „aber es war nur eine Frage der Zeit“. Am Montag legte sie in einem offiziellen Statement nach: „Es geht nicht nur um Basketball, sondern um ernsthafte Sicherheits- und Gesundheitsrisiken, die beseitigt werden müssen.“
Linie gegen Luxusjet
Damit löste Ogwumike eine längst fällige Diskussion aus über den, in ihren Worten, „härtesten Gegner, auf den wir in jeder Saison treffen: Reisestrapazen“. Lange schon ärgern sich die Spielerinnen der Women's National Basketball Association (WNBA) darüber, dass sie mit ganz normalen Linienflügen zu ihren Spielen anreisen müssen – während ihre männlichen NBA-Kollegen per Charterflug unterwegs sind, meistens sogar in Klub-eigenen Luxusflugzeugen. Auch die Spielerinnen von Chicago Sky mussten in dieser Spielzeit schon einmal in einem Flughafen ihr Nachtlager aufschlagen, andere Klubs sagten nach verschobenen Flügen Trainingseinheiten ab.
Das hat vor allem Kostengründe. Der weibliche Ableger der großen NBA generiert lange noch nicht so hohe Einkünfte wie das Mutterhaus. Während die seit 1997 aktive WNBA ungefähr 60 Millionen US-Dollar einnimmt, beträgt der NBA-Umsatz mehr als acht Milliarden. Die allermeisten Spielerinnen müssen nach der WNBA-Saison noch eine Spielzeit in einer europäischen Liga dranhängen – wo sie in Ländern wie Italien, Türkei oder Russland sogar mehr verdienen als im Heimatland des Basketballs. Allein deshalb sitzt Brittney Griner heute in einem russischen Gefängnis, anstatt für Phoenix Mercury aufzulaufen. Die 1,5 Millionen Dollar, die sie in Moskau letzte Saison verdiente, sind fast sechsmal so viel wie das Maximalgehalt in der WBNA.
Dass ausgerechnet Ogwumike das Thema in die Öffentlichkeit brachte, ist kein Zufall. Die aus Texas stammende Flügelspielerin ist seit 2016 die Präsidentin der Spielerinnengewerkschaft – und kämpft als solche seit Jahren für eine Gleichstellung mit den männlichen Kollegen. Die Flugzeugfrage ist nur eine von vielen – aber eine hochsymbolische, denn die WNBA schreibt sogar vor, dass nur Linie geflogen werden darf. Die Begründung: Würden einzelne Klubs bequemer fliegen, wäre das ein Wettbewerbsvorteil. Im vergangenen Jahr musste New York Liberty eine halbe Million Dollar Strafe zahlen, weil sie für einzelne Auswärtsspiele ein Charterflugzeug gebucht hatten.
Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen verschiedenen Klubeignern. Jüngere, progressive Unternehmer wie New-York-Liberty-Besitzer Joseph Tsai, Vize-Chef des chinesischen Konzernriesen Alibaba und Eigentümer des NBA-Klubs Brooklyn Nets, sieht eine große Zukunft für die WNBA und will investieren. Viele langgediente NBA-Eigentümer betrachten den weiblichen Ableger dagegen noch als Philanthropie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht