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Belästigungsvorwürfe in GroßbritannienVerteidigungsminister tritt zurück

In der konservativen Fraktion des Unterhauses kursiert eine Liste mit Abgeordneten, gegen die es Vorwürfe wegen „unangemessenen Verhaltens“ geben soll.

Tritt vorsorglich zurück: der britische Verteidigungsminister Michael Fallon Foto: dpa

London dpa | Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon ist zurückgetreten. Das teilte die britische Regierung am Mittwochabend mit. Der konservative Politiker war in der Debatte über sexuelle Belästigung durch Politiker in Großbritannien unter Druck geraten.

Fallon soll 2002 bei einem Dinner einer Journalistin wiederholt ans Knie gefasst haben. Die Frau hatte den Vorfall gelassen genommen und twitterte: „Meine Knie blieben intakt.“ Trotzdem nahm Fallon am Mittwoch seinen Hut.

Viele der veröffentlichten Vorwürfe seien falsch, beharrte der Minister. Gleichwohl sei er „in der Vergangenheit hinter den hohen Standards zurückgeblieben, die wir an die Streitkräfte stellen“, begründete Fallon seinen Rückzug aus dem Kabinett in einem Schreiben an Premierministerin Theresa May. Seinen Parlamentssitz wolle er aber behalten.

Fallon gilt als enger Verbündeter von Regierungschefin May. Er hatte den Posten als Verteidigungsminister seit 2014 inne. Von 2010 bis 2012 war Fallon stellvertretender Vorsitzender der britischen Konservativen. Fallons Rücktritt erhöht den Druck auf Mays Kabinettschef Damian Green. Auch er soll einer Frau ans Knie gefasst haben, streitet die Vorwürfe aber ab.

Der Zeitung Times zufolge zirkuliert unter Mitarbeitern der konservativen Fraktion des britischen Unterhauses eine Liste mit fast 40 Abgeordneten, darunter mehrere Regierungsmitglieder, gegen die es Vorwürfe wegen „unangemessenen Verhaltens“ geben soll.

Ausgelöst wurde die Debatte über sexuelle Belästigung in Großbritannien durch Vorwürfe gegen den Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein. Premierministerin May hatte diese Woche wirkungsvollere Maßnahmen gegen sexuelle Übergriffe im Parlament gefordert.

May lobte ihren bisherigen Verteidigungsminister am Abend in einem Antwortschreiben: In seiner Amtszeit habe er dazu beigetragen, dass die britischen Streitkräfte im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) erfolgreich waren und mehr als drei Millionen Menschen aus den Fängen der islamistischen Fundamentalisten befreit werden konnten, hieß es in dem Brief der Regierungschefin an Fallon.

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2 Kommentare

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  • 6G
    66330 (Profil gelöscht)

    Der Vollständigkeit halber sollte man erwähnen: Die Journalistin fühlt sich gar nicht als Opfer sexueller Belästigung. "Dieser 'Vorfall' passierte 2002. Niemand war im entferntesten verärgert oder angegriffen. Mein Knie ist noch intakt", äußerte sie sich dazu auf Twitter. Sie bekräftigte, nicht Teil einer "Hexenjagd in Westminster" sein zu wollen.

    • @66330 (Profil gelöscht):

      Die Hexenjagd machen andere. Wir verlieren jedes Maß. Gerade dazu ruft diese Kampange #metoo auf. Jede unangemessene Berührung wird als sexuelle Belästigung betrachtet und wir schlimmer als die Hinterziehung von Millionen, die Folterung von Gefangenen oder die Ermordung Unschuldiger gesehen. Oder wo blieb der Aufschrei, als Schwarzgeldhändler Schäuble Finanzminister wurde? Warum kommt der Folterknecht Bush in Bedrängnis, weil er vor vielen Jahren eine Frau bedrängt haben soll. Über die vielen Menschen, die auf seinen Befehl hin gefoltert wurden, wird jedoch kein Wort verloren. Dass drohnen Unschuldige außerhalb von Krieggebieten ermorden, scheint ebenfalls niemanden mehr zu interessieren.

      Wem nützt diese Hexerjagd? Den wirklich massiv sexuell misshandelten Frauen wohl kaum, denn die Verbrechen, die gegen sie begangen wurden, werden dadurch verharmlost. Sie helfen aber den Leuten, die damit Geld verdienen. Diejenigen, die fordern, dass Hilfsprojekte aller Art nur noch an Frauen gehen dürfen und Männer künftig von jeder Art von Hilfe ausgeschlossen werden sollen. Die kanadische Regierung ist hier Vorreiterin dieses neuen Sexismus. Sie hilft aber auch Trump und der AfD. Wie kann man bitte den Kampf gegen sexuelle Belästigung besser ad absurdum führen als mit der Verfolgung von mehr als 15 Jahren zurück liegenden Bagatellen?

      Es lebe die doppelte Moral und die Moralapostellinnnen, die daran verdienen. Der größte Feind der Gerechtigkeit ist häufig gar nicht das offene Unrecht, sondern der Missbrauch der Moral um unmoralisches zu erreichen. Die Inquisition hatte höchste moralische Ansprüche den Teufel auszutreiben. Die Nazis fühlten sich bei ihrem Vernichtungsfeldzug auch voll von moralischen Argumenten gedeckt. Niemand ist so gefährlich für die Gerechtigkeit wie diese falschen Moralapostel_innen.