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Bekenntnis zur ZweistaatenlösungLinkspartei erkennt Israel an

Der Bundesvorstand einigt sich auf einen Programmentwurf und bekennt sich darin zum Existenzrecht Israels - als Reaktion auf Antisemitismus-Vorwürfe.

Die Linkspartei tritt jetzt für die Beilegung des Nahostkonflikts mit einer Zweistaatenlösung ein. Bild: ap

BERLIN taz | Der Vorstand der Linkspartei hat sich nach monatelangen Debatten auf einen Entwurf fürs Parteiprogramm verständigt. "Der Entwurf ist ein sehr guter Kompromiss, der eine klare Grundaussage und ein deutliches, antikapitalistisches Profil hat", sagte Parteivizechefin Sahra Wagenknecht am Sonntag. Auch die Vizevorsitzende Katja Kipping lobte den Entwurf. Es handle sich um ein "breit diskutiertes, hart erarbeitetes Papier, das Kompromisse in zentralen Konfliktfeldern gefunden hat", sagte Kipping.

Das 49-seitige Papier wurde am Samstagabend von dem Gremium mit gut 40 Mitgliedern mit großer Mehrheit beschlossen. Lediglich zwei Vorstände stimmten dagegen, einer enthielt sich. Ein Parteitag im Oktober soll den Programmentwurf endgültig absegnen. Er legt die Linie der Linkspartei bei vielen Themen fest , und er formuliert als Ziel weiterhin ein anderes Gesellschaftssystem. Um eine Gesellschaft zu erreichen, "in der alle Menschen in Frieden, Würde und sozialer Sicherheit leben", brauche man den demokratischen Sozialismus, heißt es in dem Papier.

Als Reaktion auf Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Partei hat der Vorstand nach taz-Informationen in letzter Minute beschlossen, ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels in dem Text zu verankern. Ebenfalls wurde mit breiter Mehrheit die Formulierung eingefügt, die Linkspartei trete für die Beilegung des Nahostkonflikts mit einer Zweistaatenlösung ein. Einen entsprechenden Änderungsantrag hatten die ParteichefInnen Gesine Lötzsch und Klaus Ernst eingebracht; er wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Landkarte ohne Israel

"Ich finde es gut, dass die Haltung zu Israel jetzt klar im Entwurf festgehalten ist und breit mitgetragen wurde", sagte Kipping zu der Klausel im Geschichtsteil des Entwurfs. Auch Wagenknecht lobt die "Klarstellung" nach der öffentlichen Debatte. Im Programmentwurf stehe jetzt nur, was sowieso innerhalb der Linkspartei unstrittig sei, sagte Wagenknecht.

In den vergangenen Wochen waren wiederholt Linkspartei-PolitikerInnen mit antiisraelischen Äußerungen und Aktionen aufgefallen. So distanzierte sich etwa der Landesverband Bremen nicht klar von einer Aktion, die zum Boykott israelischer Waren aufrief. Oder eine Bundestagsabgeordnete trug einen Schal mit einer Landkarte, auf der Israel nicht existierte. Fraktionschef Gregor Gysi hatte daraufhin in der Bundestagsfraktion vor drei Wochen einen Israelbeschluss durchgesetzt, wonach sich die Abgeordneten nicht an einem solchen Boykott, an der Gaza-Flottille oder an Initiativen für eine Einstaatenlösung - bei der Israelis und Palästinenser in einem Staat leben müssten - beteiligen würden.

Bei der Diskussion über den Programmentwurf war besonders die symbolträchtige Präambel umstritten - die vier Seiten also, die zu Beginn das Selbstverständnis der Linkspartei umreißen. An drei Stellen einigte sich die Redaktionskommission nicht, die den Entwurf für die Vorstandssitzung vorbereitet hatte, zum Beispiel bei der Begründung, warum ein demokratischer Sozialismus nötig sei.

Tonfall ist klassenkämpferisch

Bei den Abstimmungen über die strittigen Formulierungen setzten sich die Parteilinken um Wagenknecht durch, die Präambel trägt auch nach dem Vorstandsbeschluss die Handschrift des ehemaligen Parteichefs Oskar Lafontaine. Der Tonfall ist klassenkämpferisch, Profitinteressen, Imperialismus und Militarismus werden gegeißelt.

Kipping, die zur emanzipatorischen Linken gehört, hatte sich für Alternativen starkgemacht. In denen ist der Sound positiver: Das Vergnügen, zu lernen, das Glück, mitten im Leben zu stehen, müsse jedem offenstehen, heißt es etwa darin. Mit dem Programm wolle die Partei "einladen, gemeinsam für eine produktive und soziale Zukunft zu kämpfen".

Beide werten die Entscheidung allenfalls als Stilfrage. "Die beschlossenen Sätze sind klarer und nicht so offen formuliert", sagte Wagenknecht. Inhaltlich unterschieden sich die Versionen "nur in Nuancen". Auch Kipping sieht "keine politische Brisanz" in der Formulierungsfrage. "Ich hätte den einladenden Gestus schöner gefunden. Aber das ist nicht kriegsentscheidend."

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15 Kommentare

 / 
  • JF
    Johannes Feest

    taz und Antisemitismus

    betr.: Linkspartei erkennt Israel an, taz vom 4.7.2011

    und: „Braun statt rot“ taz vom 4.7.2011

     

    Auf der ersten Seite problematisiert die taz die Tatsache, dass die Linkspartei in ihrem Parteiprogramm „ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels“ in ihrem Parteiprogramm verankert hat. Dies sei eine Reaktion auf Antisemitismus-Vorwürfe. Das mag so sein. Aber: wo kommen diese Vorwürfe her und sind sie berechtigt? Wir erleben gegenwärtig eine gedankenlose Verwendung des Antisemitismus-Vorwurfs gegen jegliche Aktionen gegen die Besatzungspolitik des israelischen Staates. Und leider ist auch die taz an dieser Sprachregelung beteiligt. So findet sich in der gleichen Ausgabe eine Polemik gegen schweizer Bürger, welche „bekennen israelische Produkte zu boykottieren“. Sie wollen dies tun „bis Israel das Völkerrecht einhält und die legitimen Rechte der Palästinenser anerkennt, was taz-Autor CAK, „als Argument getarnten Antisemitismus“ nennt. Aber was ist Letzteres anders als ein Totschlagargument, welches sich als Journalismus tarnt?

    Johannes Feest, Bremen

  • D
    daweed

    "An drei Stellen einigte sich die Redaktionskommission nicht, die den Entwurf für die Vorstandssitzung vorbereitet hatte, zum Beispiel bei der Begründung, warum ein demokratischer Sozialismus nötig sei."

     

    „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“

     

    – Grundgesetz: Artikel 20 Absatz 1 GG

     

    Eigentlich brauchen CDUSPDFDP einen Grund, warum der Sozialstaat nicht zu Dtl. gehört...

  • M
    Marcel

    Gut das wir das jetzt geklärt haben und hoffentlich bekommt die Linke auch viele Zeilen in der Presse wenn es mal nicht um Stasi oder Israel geht. Aber genau das wollen die anderen Parteien in Zusammenarbeit mit der Springer - Presse wohl verhindern. Könnte ja Wählerstimmen kosten....

  • M
    Martin

    Eigentlich wären viele Probleme einfach zu lösen, zb. der im Artikel angesprochene Schal einer Bundestagsabgeordneten mit einer Landkarte, auf der Israel nicht eingezeichnet war. Denn falls man es von Seiten Israels beispielsweise erklären könnte, wo dieser Staat seine Grenzen hat, könnte man ihn ja auf Landkarten einzeichnen. Solange Israel es nicht erklärt, wo es beginnt und wo es aufhört, ist es nun einmal schwierig. Gehören die besetzten Gebiete zu Israel? Falls ja, sagt es uns doch bitte allen und auch den Linken. Dann können wir es auf der Karte einzeichnen und die dort lebenden Palästinenser sind ja dann israelische Staatsbürger. Oder doch nicht? Oder was oder wie? Und am besten, wenn man dann auch den Bereich der internationalen Gewässer markiert, wo Israel gerne militärisch interveniert, um dort Schiffe zu entern und Passagiere per Kopfschuss. Wir tragen das dann alles ein, auf den Karten, auf den Tüchern, wie ihr es wollt, auch noch den Atlantik.

  • B
    Bendolino

    Es gibt 192 Mitgliedsstaaten der UNO, darunter so kritikwürdige wie Somalia, Iran, Nordkorea, Saudi- Arabien (in keiner besonderen Reihenfolge), aber deutsche Linke arbeiten sich jetzt schon seit Wochen ausschließlich an Israel ab - Irre!

  • MG
    M. Gates

    Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich von dem Boykott-Aufruf zu distanzieren. Wer das Flugblatt gelesen hat weiß, dass es weder um "die Juden", noch um "die Israelis" geht.

     

    Es geht um die illegale Praxis einiger(!) israelischer Firmen, Produkte aus dem Besatzungsgebiet mit "normalen" israelischen Produkten zu vermischen und in die EU einzuführen. Ein Boykott _dieser_ Waren ist absolut legitim und eine Distanzierung seitens der Linken vollkommen überflüssig.

     

    Wer diese Waren kauft, finanziert direkt die Besatzer und die Besatzung. Genau deswegen machen die israelischen Firmen das ja: Um die Besatzung zu finanzieren.

  • JP
    Jens Porrsch

    "...das Glück, mitten im Leben zu stehen, müsse jedem offenstehen..."

     

    Fabelhafte Forderung; großes Kopfkratzen unter Kindern und Rentnern. Am besten gleich ins Grundgesetz aufnehmen!

  • H
    hann0s

    Als wär sie vorher gegen Israel gewesen, billigere Meinungsmache als diese Titelzeile hab ich glaub ich noch nie in der Taz gesehen

  • B
    bubu

    oooh die Linkspartei als unerverselles, allwissendes, immer richtigliegendes Organ, erkennt Israel an... Nun können die 7 Mio Israelis durchatmen, Frieden und Sicherheit sind wieder ein Stück näher gerückt und der Intifadaschal der Genossen wirkt wie gebrochene Ironie....bleibt nicht wählbar

  • S
    Seim

    Oh, es gibt ein Problem bei den Linken. Das habe ich schon vor 10 Jahren gesehen... bei den Linken ist Antisemitismus legitimiert, da man sich auf alte Siegermächte (Kommunismus) beruft und ja generel das Gegenteil von Rechts (NPD/NSDAP) ist. Mit diesem einfachen und trotzdem sinnfreien Legitimationsvorgang, hat man in der Bundesrepublik jahrelang ohne Probleme arbeiten können.

     

    Und da sollen wir eine Gefahr, wie sie von einigen nun genannt wird, wirklich nicht gesehen haben?

     

    Tja, so ist das halt im Verschweigestaat 2011.... man merkt es oft zu spät und das wahre Ansinnen gerät aus den Fugen.

     

    Die Linke sollte binden, macht aber was Extremismus tut, es bindet gegen etwas und nicht für etwas gemeinsames.

     

    Wohlgemerkt: Wir hatten 2 extreme Systeme, die den modernen Mensch von heute eines besseren belehren hätten können... im Jahre 2011 noch immer undenkbar?!

  • HS
    Horst Schwabe

    Die Linkspartei erkennt das Existenzrecht Israels an? Das ist ja nett.

  • S
    susi

    Hurra, zum Glück fehlt jetzt nur noch, dass die Linkspartei das Existenzrecht der USA anerkennt.

  • M
    Maik

    Mein Gott, liebe Leute. Die LINKSpartei muß nichts anerkennen, weil sie dies nie bestritten hat. Scheingefecht nennt sich dies. Ziel dieser Diskussion?

  • SF
    Sissy Fuß

    "Die Linkspartei tritt jetzt für die Beilegung des Nahostkonflikts mit einer Zweistaatenlösung ein."

     

    Was ist denn das für ein Quatsch? Vor allem das "jetzt" ist ja wohl ein Witz. Die Zwei-Staaten-Lösung ist immer Politik der Linken gewesen. Nur hat sich gezeigt, daß das allein noch nicht genügt, denn auf diese Formel läßt sich auch so mancher Israelhasser vereidigen. Spannend wird es schließlich erst bei den Konsequenzen: Grenzfrage, "Rückkehrrecht" für Flüchtlingsnachfahren auch in der x-ten Generation, Anerkennung Israels als jüdischer Staat …

  • L
    Linker

    Also ob das Atomwaffenland eine Anerkennung durch die Linke bedarf!

     

    Fragt sich nur, wem die Linke da auf den Leim gegangen ist?

     

    Wer die Solidarität braucht sind die Palästinenser, die seit mehr als 40 Jahren keine Heimat besitzen.

    Und die Kinder der Palästinenser, die nicht wissen, was Frieden und Freiheit ist.