Behörden wollen sozialer werden: Relaxter im Ministerium
Der Kanzleramtschef radelt ins Büro, Ökostrom gibt es bald auch im Verteidigungsministerium. Die Bundesbehörden wollen sozialer und grüner werden.
BERLIN taz | Es ist immer was: Mal ist das Kind krank, mal streikt die Kita, mal sind Ferien. Eltern reiben sich oft zwischen Beruf und Familie auf. Bedienstete des Bundes sollen deshalb entspannter werden dürfen.
In allen Behörden des Bundes – im Außenministerium genauso wie etwa in der Bundesagentur für Arbeit oder im Eisenbahnbundesamt – sollen „mobiles Arbeiten, Telearbeit und familien- oder pflegefreundliche Arbeitszeitmodelle“ ermöglicht werden. Denkbar seien auch „eigene Mini-Kitas“ und für den Notfall „Eltern-Kind-Zimmer“, damit die Kleinen mit zur Arbeit kommen können. Zudem wird „angestrebt, dass Besprechungen möglichst zwischen 9 und 15 Uhr stattfinden“.
Das hat der Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung jetzt beschlossen. In dem auch als Green Cabinet bekannten Gremium sind alle Ministerien vertreten. Die Leitung obliegt CDU-Kanzleramtschef Peter Altmaier. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine von zwölf Maßnahmen im dem 16-seitigen Beschluss der hohen Beamten. Der Name: „Nachhaltigkeit konkret in Verwaltungshandeln umsetzen“.
Die öffentliche Hand komme damit ihrer „Vorbildfunktion“ nach, heißt es darin. Nicht nur Soziales, sondern auch die Ökologie soll künftig eine größere Rolle spielen. Zum ersten Mal listet die Regierung auf, wie die Administration modernisiert werden kann – auch wenn darin nicht alles neu ist.
Kernarbeitszeit von 9 bis 15 Uhr
So gilt zum Beispiel im von der SPD-Politikerin Manuela Schwesig geführten Familienministerium längst eine Kernarbeitszeit von 9 bis 15 Uhr. Im Leitungsbereich gebe es auch mal am späteren Nachmittag Besprechungen, erklärt ein Sprecher „aber jeder kann sich dann telefonisch zuschalten“. Die meisten arbeiteten zudem in Einzelbüros, da sei es kein Problem, ein Kind mitzubringen. Sowohl am Standort in Bonn als auch in Berlin gebe es eine eigene Kita.
Vorbildlich im Sinne des 12-Punkte-Plans ist auch schon Kanzleramtschef Altmaier: Er fährt gern mit dem Rad ins Büro im Berliner Regierungsviertel. Das sollen ihm nun Bedienstete des Bundes nachmachen. Es wird Werbeaktionen für den Umstieg vom Auto auf den Drahtesel geben. Zudem werden die Behörden aufgefordert, überdachte Fahrradabstellplätze in der Nähe ihrer Eingänge einzurichten und Mitarbeitern „für Dienstgänge eine ausreichende Anzahl“ konventionelle Räder und E-Bikes zur Verfügung stellen.
Neue Fahrradständer zu planen ist das eine, neue Behörden zu bauen das andere. Grundsätzlich soll bei Neubauten und Sanierungen der Umweltschutz besser berücksichtigt werden. Am neuen Dienstsitz von CDU-Bundesforschungsministerin Johanna Wanka sei gezeigt worden, dass dies auch „wirtschaftlich möglich“ sei, erklärt der Staatssekretärsausschuss.
Nicht jede Behörde lässt sich neu bauen
Gegenüber dem Kanzleramt in Berlin-Mitte ist an der Spree, auf einer Fläche von rund 54.000 Quadratmetern, Wankas Dienstsitz vor einigen Monaten fertig geworden. In Räumen und Gängen leuchten LEDs, auf dem Dach und den Fassaden produzieren PV-Anlagen Strom. Ein Blockheizkraftwerk und eine gasbetriebene Brennstoffzelle liefern Wärme und Strom.
Freilich lässt sich nicht jede Behörde neu bauen. Zum Beispiel ist vorgesehen, dass in der gesamten Bundesverwaltung mehr Ökostrom – Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien – „im Rahmen der Verfügbarkeit“ bezogen wird. Das Verteidigungsministerium will ab 2017 Ökostrom, in anderen Ministerien ist das längst passiert, auch im Bundeskanzleramt.
Die Maßnahmen, die den öffentlichen Dienst ökologischer und sozialer machen sollen, müssen sich rechnen, so steht es in dem Papier. So seien „jeweils die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns zu beachten“. Was das genau bedeutet, muss sich zeigen: Am Ende eines jeden Jahres soll es einen Bericht geben, wie weit das Maßnahmenprogramm fortgeschritten ist.
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