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Begnadigung durch Ex-Präsident BidenUS-Aktivist Peltier kommt nach 50 Jahren aus der Haft

Der indigene Aktivist Leonard Peltier verlässt nach 50 Jahren das Gefängnis. Biden hatte Peltiers lebenslange Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt.

Plymouth, Massachussets, Novemeber 2001: Protest für den inhaftierten Aktivisten Leonard Peltier Foto: Steven Senne/ap

Berlin taz | Der indigene Aktivist Leonard Peltier, der seit 50 Jahren in den USA inhaftiert ist, kann in vier Wochen das Gefängnis verlassen. „Es ist endlich vorbei – ich komme nach Hause“, sagte der 80-Jährige in einer Erklärung. An seinem letzten Tag als US-Präsident hatte Joe Biden Peltiers lebenslange Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt. Biden begründete die Entscheidung mit Peltiers Alter, seinem schlechten Gesundheitszustand und den Appellen vieler Prominenter und Menschenrechtsorganisationen, die seit Jahrzehnten seine Freilassung fordern.

Peltier war 1977 wegen Mordes an zwei FBI-Beamten zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Er hat die Tat stets bestritten, und das Verfahren gegen ihn wies so viele Unstimmigkeiten auf, dass Amnesty International ihn als politischen Gefangenen bezeichnete.

Voraussichtlich am 18. Februar darf Peltier somit vom Bundesgefängnis in Coleman, Florida, in das heimische Reservat in North Dakota übersiedeln. Dort haben seine Verwandten und Unterstützer eine Wohnmöglichkeit für ihn vorbereitet.

Damit endet eine juristische Saga, in der die US-Justiz seit Jahrzehnten an ihrem Mordvorwurf gegen Peltier festhält, auch wenn es schon zu Beginn höchst unklar war, ob er ein faires Verfahren bekommen hat und zu Recht verurteilt wurde. Dem gegenüber steht eine weltweite Solidaritätsbewegung, die die Vorwürfe für widerlegt und seine Haft für ungerechtfertigt hält.

Protest in South Dakota

Der Fall Peltier hat seinen Ursprung in den militanten Bewegungen der 70er Jahre, als nicht nur die Black Panther gegen rassistische Behandlung von Schwarzen rebellierten, sondern auch die amerikanischen Ureinwohner sich gegen ihre Jahrhunderte zurückgehende Diskriminierung zur Wehr setzten. 1973 besetzten bewaffnete Mitglieder des American Indian Movement 71 Tage lang den Ort Wounded Knee in South Dakota aus Protest gegen den offiziellen Präsidenten der Stammesverwaltung, der gewaltsam gegen sie vorgegangen war.

Auch das FBI drangsalierte die militanten Ureinwohner immer wieder mit Razzien. Im Juni 1975 suchten zwei FBI-Beamte im Pine Ridge Reservat in einem zivilen Auto nach einem jungen Indigenen und gerieten unter Beschuss. Sie riefen nach Verstärkung, doch als die eintraf, fand sie zwei tote Beamte und ein von 125 Schüssen durchsiebtes Fahrzeug. Das FBI fahndete in der Folge nach Peltier und zwei weiteren AIM-Aktivisten.

Peltier gelang die Flucht nach Kanada, wo er im Februar 1976 festgenommen und im folgenden Dezember in die USA ausgeliefert wurde. Dies geschah aufgrund einer vom FBI erzwungenen Falschaussage einer Frau, die sich als Freundin Peltiers und Augenzeugin der Morde bezeichnet hatte.

Peltiers Anwalt Kevin Sharp kommentierte vor einigen Monaten Peltiers Verurteilung. Der Staat habe inzwischen zugegeben, nicht zu wissen, wer die beiden Agenten erschossen habe. Außerdem habe das FBI Beweise zurückgehalten und selbst der Richter in dem Verfahren inzwischen eine Begnadigung Peltiers fordere. Dennoch verweigerten ihm sowohl Bill Clinton als auch Barack Obama die Freiheit, alle Haftprüfungen verliefen negativ. Mehrfach hatten FBI-Veteranen öffentlich gegen eine Freilassung mobilisiert. Peltier verarbeitete die Geschehnisse in einer vielbeachteten Autobiografie.

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3 Kommentare

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  • Es kann ja auch viel zu spät mal was Vernünftiges passieren.

  • Gute Nachrichten wenn auch mit einem faden Beigeschmack.

    Indigene Aktivisten werden deswegen weggesperrt, weil sie indigene Menschen sind, die sich gegen den Kolonialismus aufgelehnt haben. Sie wagten es, die dunkle Historie Amerikas ans Licht zu bringen und wurden bestraft. So wurde konstruiert, dass zwei FBI-Agenten ermordet wurden; Amnesty International, ADL, die Black Panther-Bewegung, indymedia, ja alle hinterfragen das.

    Leider muss man sagen hat es a) 50 Jahre gedauert, und b) handelt es sich immernoch um einen Hausarrest.

    Es wird Zeit, dass Indigene sich ihr Land wieder zurückholen. Es war nämlich ihr Land, vor hunderten von Jahren schamlos von irgendwelchen Kolonialisten unter Wert und über den Tisch gezogen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Zum Glück ist er damals nicht zum Tode verurteilt worden. Das war das Schicksal überproportional vieler marginalisierter Verurteilter, die im Nachhinein rehabilitiert wurden. Ein besonders krasses Beispiel ist der Justizmord an einem kleinen schwarzen Jungen de.wikipedia.org/wiki/George_Stinney