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Bedrohung durch Rechtsextremismus25.000 Menschen auf „Feindeslisten“

Bei Razzien seit 2011 wurden Datensätze sichergestellt, auf denen Neonazis Namen und Adressen sammelten. Nur wenige der Betroffenen wurden informiert.

Die Bundesregierung ignoriere die rechtsterroristische Gefahr, kritisiert Martina Renner von der Linken Foto: dpa

HANNOVER epd | Die deutschen Sicherheitsbehörden haben einem Zeitungsbericht zufolge seit 2011 bei Razzien und Festnahmen in der rechtsextremen Szene Listen gefunden, auf denen mehr als 25.000 Personen mit Namen, Telefonnummern und Adresse als „Feinde“ markiert worden sind.

Das berichtet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken.

Die entsprechenden Schriftstücke oder Datensätze seien bei den Ermittlungen gegen den rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) bis Ende 2011 sowie im vergangenen Jahr bei Ermittlungen gegen Mitglieder der rechten Gruppierung „Nordkreuz“ und drei weitere Rechtsextremisten beschlagnahmt worden. Durch Bundesbehörden seien im vergangenen Jahr drei Personen, die unter Zeugenschutz stünden, darüber informiert worden.

Aus der Antwort der Bundesregierung gehe hervor, dass es keine gemeinsame Datei von Bund und Ländern über bedrohte Personen auf diesen „Feindeslisten“ gebe, hieß es.

Die Rechtsextremismus Expertin der Linken-Fraktion, Martina Renner, warf der Bundesregierung vor, die rechtsterroristische Gefahr zu ignorieren. „Anders ist es nicht zu erklären, dass das Bundeskriminalamt von mehreren Zehntausend Betroffenen nicht mal eine Handvoll informiert und sich sonst ausschweigt“, sagte sie dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

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4 Kommentare

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  • Der Verdacht auf Zusammenarbeit dieser Rechten, die ja nicht einmal Konsequenzen für das Anlegen dieser Listen fürchten müssen, mit deutschen Behörden, die ja alle von uns allen gemeinsam bezahlt werden, drängt sich m. E. massiv auf.

    Bin gespannt, ob diese Listen irgendwann doch noch justiziable Konsequenzen haben werden.

    Dass die dort Aufgelisteten keine Information darüber erhalten haben, ist m. E. der nächste Skandal.



    Wäre das Porto zu teuer für die Bundesregierung und ihre Behörden?

  • Diese Listen sind der ganze Stolz der Neonazis und man landet sehr schnell da drauf. Ob man auch mal wieder runtergenommen wird, würde ich gerne mal wissen.

  • Das ist echt alarmierend, nicht nur diese Listen, sondern auch die fehlende Reaktion darauf. Wenn irgendeine andere Gruppierung solche Listen hätte (Linke, Islamisten), wäre das sofort eine terroristische Vereinigung bzw. Vorbereitung eines Bürgerkriegs und jeder, bei dem man solche Listen findet, würde sofort im Knast landen. Bei Rechten reicht das noch nicht einmal für irgendeine Anklage oder gar Untersuchungshaft.

    Würde mich gar nicht wundern, wenn diese Listen direkt von den entsprechenden Behörden übernommen und mitgenutzt würden, das sind ja garantiert alles Linke, Ausländer und sonstige Volksfeinde, auf die man ein Auge werfen muss...

    Und 25000 Leute auf diesen Listen? Da kann sich ja jeder, der sich irgendwo mal links, demokratisch, internationalistisch oder sonstwie nicht rechts genug politisch engagiert hat und sei es in noch so kleinem Rahmen, leicht ausrechnen, dass er schon mit Name und Adresse auf weit zirkulierenden Todeslisten steht. Wenn das kein politisches Drohpotential ist, das einfach tödlich für eine Demokratie ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

    • @Mustardman:

      "Bei Rechten reicht das noch nicht einmal für irgendeine Anklage oder gar Untersuchungshaft."



      Bei Rechten reicht es noch nichteinmal für eine Bezeichnung als Rechte, von den nötigen Konsequenzen, wie Sie sagen, mal ganz abgesehen.