piwik no script img

Bedrohung der Europa-StaatsministerinSerbenführer Dodik muss die Folgen spüren

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Die grüne Europa-Staatsministerin Lührmann wurde in Banja Luka physisch bedroht und zur Persona non grata erklärt. Darauf muss Europa reagieren.

Serbenführer Milorad Dodik hat die grüne Europa-Staatsministerin zur Persona non grata erklärt Foto: Amel Emric/reuters

S ich nur noch zu wundern in dieser Welt, ist ja seit einiger Zeit „normal“. Mit welcher Chuzpe der Serbenführer Milorad Dodik gegenüber der deutschen Staatsministerin für Europa, Anna Lührmann (Grüne), vorgegangen ist, macht aber doch wieder mal sprachlos.

Wenn dieser Herr über das von ihm dominierte Territorium in Bosnien und Herzegowina, die sogenannte Republika Srpska, Anna Lührmann aus Banja Luka rauswirft und sie sogar physisch bedrohen lässt, sie sogar zur Persona non grata erklärt, dann muss das weitere europäische Antworten nach sich ziehen.

Er hat ja gerade ein Einreiseverbot in Deutschland und Österreich erhalten. Er musste sogar aus Israel fliehen, obwohl er wie alle Rechtsradikalen versucht hat, sich auf einer Konferenz für die Opfer des Holocaust als prosemitisch einzuschleimen und als Opfer der bosnischen Muslime zu stilisieren.

Aber das hat nicht geklappt, denn historisch bewusste Juden wie der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy kennen die Lage in Bosnien. Und sie wissen, welche hunderttausend­fachen Verbrechen die serbischen Na­tio­nalisten im Zuge der ethnischen Säuberungen an den Muslimen Bosniens 1992–95 begangen haben.

An Anna Lührmann ein Exempel statuieren

Dodik hofft, in dieser Welt der Trumps und Putins auf der richtigen Seite zu stehen – auf der Seite der Macht. Er hofft auf die Zerstörung und Demütigung Europas. An Anna Lührmann wollte er als Machist und Deutschenfeind ein Exempel statuieren. Mit der antideutschen Haltung will er anknüpfen an antideutsche Gefühle aus dem Zweiten Weltkrieg.

Der Sieg der multinationalen Partisanen am 6. April 1945 begründete das multinationale Sarajevo; der Angriff serbischer Truppen am 6. April 1992 war der Beginn der ethnisch begründeten Kriege im Nachkriegseuropa.

Die deutsche Ministerin hat aber richtigerweise auf die Brüchigkeit der Machtbasis von Milorad Dodik hingewiesen. Viele bosnische Serben haben die Nase voll und verlassen das Land. Allerdings nicht in Richtung Ungarn oder Russland, sondern Westeuropa, auch Deutschland.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Bosnien ist keine EU-Kolonie, auch Rpblk Srpsk nicht, die eigenartige Spaltinsel. Doch darf man sich dort gerne zivilisierter benehmen als hier beschrieben.