Bayerns Niederlage gegen Real Madrid: Planlos in Unterzahl
Die Bayern verlieren ihr Viertelfinalhinspiel in der Champions League mit 1:2 gegen Real Madrid – und sind damit noch gut bedient.
Natürlich hätte dieses Spiel auch anders ausgehen können. Hätte Artúro Vidal seinen Strafstoß in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit nicht in den Nachthimmel von Fröttmaning geschossen, es hätte zur Pause 2:0 gestanden.
Hätte, hätte, hätte. Das Spiel ging nicht anders aus. Es ging genauso aus, wie es am Ende auf der Anzeigetafel stand: Bayern München – Real Madrid 1:2. Und damit können die Bayern noch hochzufrieden sein.
Dabei waren die Münchener in den ersten 45 Minuten die bessere Mannschaft, führten verdient nach Vidals Kopfballtreffer (25. Minute), das 2:0 lag auf dem Elfmeterpunkt, doch es fiel nicht. Und dann drehte der Wind: Cristiano Ronaldo glich kurz nach Wiederanpfiff aus. Ein Tor, bei dem die Bayern-Abwehr schlecht aussah, weil sie die linke Seite nicht dichtmachte und Ronaldo im Zentrum zu viel Platz ließ. Ein Tor, das aber fallen kann. Sowas passiert halt. Doch dann foulte Javi Martinez zwei Mal innerhalb von drei Minuten. Gelb und Gelb gleich Gelb-Rot. Sowas sollte nicht passieren.
Und von da an, ab der 61. Minute, klappte nichts mehr. Trainer Carlo Ancelotti hatte keinen Plan und sendete mit seinen Auswechslungen diffuse Signale, mit denen die Spieler offensichtlich nichts anzufangen wussten. Er brachte Juan Bernat für Xabi Alonso. Bernat ging auf die Außenverteidigerposition von David Alaba, der wiederum Martinez in der Innenverteidigung ersetzte. Viererkette wiederhergestellt. So weit, so logisch.
Keine Gegenwehr
Doch statt nach Alonsos Auswechslung einen frischen Spieler für das defensive Mittelfeld zu bringen (oder gleich den wirkungslosen Thomas Müller für Bernat auszuwechseln), gab Ancelotti das Mittelfeld preis. Nicht der bereitstehende Sechser Joshua Kimmich wurde vom Trainer aufs Feld geschickt, sondern die Offensiven Douglas Costa (für Franck Ribéry) und Kingsley Coman (für Müller).
Real konnte ob dieser Bayern-Aufstellung unbedrängt durchs Mittelfeld laufen oder passen – wie sie wollten – und vor die letzte Abwehrreihe der Bayern gelangen. Dem Druck, der sich dadurch entwickelte, hielt der deutsche Rekordmeister nur eine Viertelstunde stand. Dann war es wieder Ronaldo, der eine Flanke des vollkommen unbedrängten Marco Asensio über die Linie drückte. Es gab schon Mannschaften, die in Unterzahl eine deutlich bessere Figur abgaben. Einzig Torhüter Manuel Neuer verhinderte mit guten Reflexen weitere Gegentore.
Dabei hatten sie in München voll darauf gesetzt, dass Carlo Ancelotti mit seiner Aura, mit seiner Ruhe, den drei Jahre lang immer wiederkehrenden Pep-Knick im Frühling zu verhindern wüsste. Doch Aura allein reichte an diesem Mittwochabend nicht. Es hätte eines Plans bedurft.
Kick it like Pep
Dafür hätte sich Ancelotti bei Pep Guardiola bedienen können: Der zeigte im Pokalfinale vor drei Jahren, wie man eine Mannschaft aufstellen kann, die auf der letzten Rille fährt: Demoralisiert durch das krachende Aus in der Champions League (0:4 gegen ein damals von Carlo Ancelotti trainiertes Real Madrid), Kapitän Lahm nach einer halben Stunde verletzt, Gegner Dortmund in Topform, das alles zusammen war, als spielte man mit einem Mann weniger. In dieser Not setzte Guardiola alles auf eine sichere Defensive – und vorne sollte der liebe Arjen helfen. Klar, die Bayern hatten Glück gehabt, dass ein Treffer von Hummels nicht als solcher erkannt worden war, doch am Ende half tatsächlich der offensive Alleinunterhalter Robben. Er traf. Die Bayern gewannen in der Verlängerung.
Doch auf die Idee kam Ancelotti viel zu spät. Da war durch die Einwechslungen von Costa und Coman die Verbindung zwischen Angriff und Abwehr schon abgerissen. Sollte Ancelotti tatsächlich auf den Lucky Punch durch seine schnellen Außenstürmer gesetzt haben, dann hat er sich verzockt.
So bleibt für das Rückspiel am kommenden Dienstag nur die Hoffnung darauf, dass Real-Schreck Robert Lewandowski zurückkehrt – und Ancelottis Aura am besten auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja