BayernLB-Debakel: "Billiges Ablenkungsmanöver"
Nach dem Rücktritt des BayernLB-Chefs Michael Kemmer geht es um die Aufarbeitung des Desasters. Ministerpräsident Seehofer will am Dienstag Stellung dazu nehmen. Die Opposition verlangt Aufklärung.
MÜNCHEN dpa | Nach dem Rücktritt von BayernLB-Chef Michael Kemmer geht am Dienstag die Aufarbeitung des Milliarden-Debakels der Landesbank in Österreich weiter. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will zu den finanziellen Folgen für Bayern und den personellen Konsequenzen Stellung nehmen. Er gibt dafür eine Regierungserklärung im Landtag ab.
Das Engagement der BayernLB in Österreich hat die Bürger des Freistaats nach Angaben Seehofers mehr als 3,7 Milliarden Euro gekostet. Kemmer hatte deshalb am Montagabend auf Druck der Staatsregierung seinen Posten zur Verfügung gestellt. Kommissarischer Nachfolger wird BayernLB-Finanzchef Stefan Ermisch. Die Opposition bezeichnete den Rücktritt Kemmers umgehend als billiges Ablenkungsmanöver. Die CSU wolle von eigenem Versagen ablenken.
Kemmer hatte im Jahr 2007 als Finanzchef den Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) mit eingefädelt. Aber auch prominente Vertreter der damaligen Staatsregierung hatten im Verwaltungsrat den Deal mit abgesegnet, darunter der noch amtierende Fraktionschef Georg Schmid.
Die Republik Österreich verstaatlichte die marode BayernLB-Tochter Hypo Group Alpe Adria am Montag buchstäblich in letzter Sekunde und verhinderte damit weitere Schockwellen im Finanzsektor. In die Rettungsaktion waren auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und die Bundesbank eingebunden. Die Probleme mit der österreichischen Tochter werden in diesem Jahr noch tiefere Löcher in die BayernLB-Bilanz reißen als bisher befürchtet.
Die bisherigen HGAA-Eigentümer - neben der BayernLB auch das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige Versicherung - geben die Bank für symbolisch je einen Euro an Österreich ab. Ursprünglich hatte die BayernLB 1,7 Milliarden Euro für ihre Anteile bezahlt. Auch zwei Kapitalerhöhungen in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro sind weg. Außerdem verzichtet Deutschlands zweitgrößte Landesbank auf Forderungen an die HGAA von 825 Millionen Euro. Insgesamt sind für Bayern nach Angaben Seehofers mehr als 3,7 Milliarden Euro verloren.
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