Bausenatorin über Mietendeckel in Berlin: „Jeder Vorschlag wird geprüft“
Kann das Land Berlin sein Mietrecht selbst bestimmen? Die Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) dämpft die Erwartungen.
taz: Frau Lompscher, seit der Veröffentlichung eines Beitrags in einer juristischen Fachzeitschrift steht die Behauptung im Raum, Berlin könne als Bundesland selbst seine Mieten begrenzen und müsse nicht auf eine Gesetzgebung aus dem Bund hoffen. Hat sie das überrascht?
Katrin Lompscher: In dem Beitrag wird argumentiert, dass die gesetzgeberische Kompetenz seit der Föderalismusreform 2006 bei den Ländern liegt. Das hat mich tatsächlich überrascht. Die Föderalismusreform war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im November zwölf Jahre her. Schwer vorstellbar, dass das keinem aufgefallen ist.
Seit der Vorschlag eines Mietendeckels publik ist, prüft Ihre Verwaltung. Gibt es erste Ergebnisse?
Ich habe meine Verwaltung gleich um eine Stellungnahme gebeten. Erste Signale gehen in die Richtung, dass die kompetenzrechtliche Herleitung in dem Fachartikel nicht überzeugend gelungen sei.
Also spricht doch mehr dafür, dass der Bund und nicht die Länder für das Mietrecht zuständig sind?
Vielleicht ist hier auch der nachvollziehbare Wunsch der Vater des Gedankens. Wir müssen jedenfalls ganz genau schauen, ob wir als Land tatsächlich dazu befugt sind. Das tun wir aktuell, auch mit externer Expertise.
Wenn es so wäre, wie würde ein Mietendeckel aussehen? Würde er auch für Neuvermietungen gelten?
Katrin Lompscher, 1962 in Berlin (Ost) geboren, 2006 bis 2011 Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz; seit Dezember 2016 Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin.
Die Wiedervermietung wird nicht unser Thema sein können. Eine Verschärfung der Mietpreisbremse gemäß BGB wird uns niemand erlauben. Das ist klar Bundesrecht. Wenn es zusätzliche Landesmöglichkeiten geben sollte, dann möglicherweise bei der Begrenzung der Bestandsmieten, eventuell in Form von Mietobergrenzen.
Wie hoch wäre eine solche Mietobergrenze?
Diese Frage kann erst nach eingehender Prüfung beantwortet werden.
Wann ist mit einem Ergebnis der Prüfung zu rechnen?
Wir wollen sehr schnell prüfen und hoffen, dass wir bis Ende Februar wissen, ob wir tatsächlich die rechtliche Kompetenz für die Einführung eines Mietendeckels haben.
November 2018: In einer Fachzeitschrift veröffentlicht der Jurist Peter Weber den Beitrag „Mittel und Wege landesrechtlichen Mietpreisrechts in angespannten Wohnungsmärkten".
22. Januar 2019: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl und zwei ihrer Genossen greifen den Vorschlag auf. Im Tagesspiegel schreiben sie: "Das Land Berlin hat die Möglichkeit, einen öffentlich-rechtlichen Mietendeckel auf Landesebene einzuführen."
27. Januar 2019: Der Jurist Benjamin Raabe erklärt im taz-Interview: "Die Länder können in der konkurrierenden Gesetzgebung, wozu Zivilrecht und auch das Mietrecht gehören, nichts mehr machen, wenn der Bund hier bereits tätig geworden ist. Aber am Mietrecht soll auch nichts geändert werden. Es soll preisrechtlich reguliert werden. Das könnte gehen." (taz)
Gibt es auch andere Verwaltungen des Senats, die prüfen?
Wir haben die Senatsverwaltung für Justiz einbezogen, weil auch verfassungsrechtliche Themen berührt werden. Aber die Federführung liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Eva Högl hat als Bundestagsabgeordnete den Fachaufsatz aufgegriffen und die Politik zum Handeln aufgefordert. Sind sie froh drüber, dass nicht Ihre Partei, die Linke, sondern die SPD den geballten Ärger der Wohnungswirtschaft abbekommt?
Ich hätte es besser gefunden, erst rechtlich zu prüfen und dann den Vorschlag zu veröffentlichen.
Weil so nun große Hoffnungen geweckt werden, die am Ende vielleicht enttäuscht werden?
Andersherum hätte es diese Gefahr jedenfalls nicht so sehr gegeben.
Bislang ist die Politik den Mietsteigerungen immer hinterhergelaufen. Haben Sie die Hoffnung, dass sich das mit dem Mietendeckel und dem Volksentscheid zur Deutschen Wohnen ändern könnte?
Es liegt auf der Hand, dass wir mehr Handhabe gegen die anhaltende Mietpreisspirale brauchen. Jeder Vorschlag ist willkommen und wird ernsthaft geprüft.
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