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Bauingenieur über Coronamaßnahmen„Nur zwei Personen im Container“

Auf dem Bau gibt es kein Homeoffice. Die Beschäftigten müssen Abstand halten, sagt Frank Werner von der Berufsgenossenschaft.

Kein Lockdown, aber auch kein Homeoffice auf dem Bau Foto: Jochen Tack/imago
Barbara Dribbusch
Interview von Barbara Dribbusch

taz: Herr Werner, auf dem Bau gab es wegen Corona nie einen Lockdown, aber auch kein Homeoffice. Wie haben sich die Infektionen in diesem Bereich entwickelt?

Frank Werner: Auf dem Bau gab es bisher keine Hotspots für Corona-Infektionen. Wir haben pro Jahr etwa eine Million Baustellen in Deutschland. Mit etwa 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die BGBAU bundesweit für die Beratung zu allen Fragen des Arbeitsschutzes und für die Überwachung auf diesen Baustellen unterwegs. Mir sind nur sehr wenige Baustellen bekannt, auf denen mehrere Beschäftigte gleichzeitig positiv getestet wurden.

Verhindert die viele Arbeit an der frischen Luft Infektionen?

Im Sommer war es kein Problem, den Leuten zu sagen, dass sie Abstand halten und sich nicht in Gruppen aufhalten sollen. Jetzt im Winter müssen wir aber besonders aufpassen und etwa Pausen in den Bauwagen und Containern entzerren, sodass es Pausenschichten nacheinander gibt. Dazwischen ist gründlich zu lüften.

Wie sieht es in der Montage aus? Auf den Baustellen sieht man manchmal Leute eng beieinander arbeiten.

Wir versuchen, die Abstände zu gewährleisten. Wenn zwei Beschäftigte Platten transportieren müssen, die 1,20 mal 2,30 Meter groß sind, dann kann ich meinen Abstand nur einhalten, wenn ich die Platte über die lange Seite trage, nicht über die kurze. Man muss also manchmal nur die Arbeitsabläufe geringfügig verändern und bekommt so tolle Lösungen. Oft ist es auch möglich, dass die Kollegen alleine in unterschiedlichen Räumen arbeiten.

Die Leute könnten auch Masken tragen.

Bild: S.Taheri/BG BAU
Im Interview: Frank Werner

55, Bauin­genieur, ist Vize-Präventionsleiter bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU).

Wenn der Abstand nicht einzuhalten ist, dann müssen sie Masken tragen. Wir haben im Bau schon einige Erfahrung etwa mit FFP2-Masken. Die werden zum Schutz vor Staub eingesetzt und es gelten maximale Tragezeiten. Eine FFP2-Maske mit Auslassventil etwa kann man längstens zwei Stunden tragen. Die anschließende Erholungszeit dauert mindestens 30 Minuten. Hat die Maske kein Ventil, beträgt die maximale Tragezeit nur 75 Minuten.

Halten sich die Leute daran?

Niemand will sich infizieren oder eine Infektionswelle an der Arbeitsstätte lostreten. Sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschaften hatten von Anfang an ein großes Interesse am Infektionsschutz. Die Lösungen für die Praxis haben wir gemeinsam abgestimmt. Unsere Aufsichtspersonen überprüfen, ob neben den Arbeitsschutzvorschriften auch die Infektionsschutzmaßnahmen auf den Baustellen eingehalten sind.

In der Fleischindustrie waren es besonders die Sammelunterkünfte, die sich als Infektionstreiber erwiesen. Auch auf Baustellen gibt es Sammelunterkünfte.

Ja, aber hier gilt der Grundsatz: „Gemeinsam wohnen, gemeinsam arbeiten.“ Und außerdem wurden die Belegungen in den Sammelunterkünften reduziert. So wohnen jetzt zum Beispiel nur noch maximal zwei Personen in einem Container. Das funktioniert sehr gut und findet auch in anderen Branchen Anwendung.

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5 Kommentare

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  • Aus meiner Erfahrung als Angestellter in einem mittelständischen Betrieb kann ich sagen: so funktioniert das - zumindest bei uns - nicht. Es werden keine Masken genutzt. Würden Masken genutzt, dann gäbe es mit Sicherheit nicht die vorgeschriebenen Pausen (die gab es übrigens auch schon vor Corona nicht, wenn unter Maske gearbeitet wurde.

    Es gibt auch keine umschichtigen Pausen, oder mehrere Pausenräume. Wozu auch? Es sind immer so viele Leute auf der Baustelle, wie gemeinsam gebraucht werden. Wir arbeiten also stets den ganzen Tag mehr oder weniger nah beieinander.

    Auch was die Beschäftigung an der frischen Luft betrifft: aktuell relative Fehlanzeige. Bei uns liegt Schnee; wir arbeiten also in Innenräumen. Und ja: alle im gleichen Innenraum.

    Die einzige Chance liegt derzeit darin, soziale Kontakte außerhalb der Arbeit so gut es eben geht zu meiden und zu hoffen, dass die Kollegen das genauso handhaben. Toi, toi, toi ...

    PS: Wenn man eine (in der Regel schwere) Platte der Länge nach trägt - durch wessen Aerosolnebel wird dann wohl derjenige laufen, der hinten anpackt? ;-)

  • Ich habe mal eine technische Frage: FFP2-Masken gibt es ja - wie im Artikel erwähnt - mit Ventilen, die das ungehinderte Ausatmen ermöglichen. So funktionieren die doch, oder? Das machte ja früher auch Sinn, als man damit nur Schutz und Staub von dem Träger fernhalten wollte. Aber jetzt sollen ja Masken hauptsächlich das aufhalten, was vom Träger über dessen Atemluft nach außen gelangt. Ist eine Maske mit Auslassventil dafür nicht sinnlos?

    • @Graustufen:

      Nein, ist sie nicht.

      Mit einer FFP2 Maske wird der Träger gegenüber dem Mund-Nasen-Schutz gegen das Einatmen von Aerosolen anderer Menschen geschützt. Sie dient nicht dazu, eigene Aerosole zurückzuhalten und andere Menschen vor den eigenen Aerosolen zu schützen..



      Der Schutz Anderer entfaltet sich bei beiden Maskenarten in erster Linie gegen einen Ausstoß von Tröpfchen beim Niesen oder Husten.

    • @Graustufen:

      Eine FFP2-Maske filtert viel besser als eine OP-Maske. Eine ohne Ventil schützt sowohl den Träger als auch andere. Eine mit Ventil schützt hauptsächlich den Träger.

      Man muss sich aber auch im Klaren sein, dass die OP Masken keine Aerosole aus der Atemluft herausfiltern können. Sie verhindern hauptsächlich, dass diese direkt im Gesicht ihres Gegenübers landen.

      Und ich schätze mal, die Verteilung der Aerosole ist im Großen und Ganzen sehr ähnlich wie die von Zigarettenrauch beim Rauchen, wenn sie sich an diese Zeiten erinnern. Insbesondere verschwindet der von einer Person ausgestoßene Rauch nicht magischerweise, wenn diese das Zugabteil / die Kneipe / das Geschäft verlässt. Genau dasselbe dürfte wohl auch für Busse, S-Bahnen, Supermärkte, Besprechungsräume, geteilte PKW, Teeküchen und Wartezimmer gelten.

    • @Graustufen:

      Ja, das ist sie.